Gemeinde München

Rundfunk- Gottesdienste 2008 2017

Rundfunkgottesdienst 2017:
Du bist von Gott begleitet und geliebt

dies ist das Thema des Rundfunkgottesdienstes am Sonntag, den 08.01.2017 aus der alt-katholischen Gemeinde St. Willibrord in München.  Er wird im Deutschlandfunk übertragen.

Bei der Taufe Jesu im Jordan, die an diesem Sonntag im Mittelpunkt der Verkündigung steht, bestätigt Gott selbst: Jesus “ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen habe”.  In der Predigt spricht Kurat Peter Priller darüber, wie diese Erfahrung der Begleitung und Liebe in jedem Leben Sicherheit und Kraft geben kann.  Auch in der Eucharistiefeier, der Pfarrer Siegfried Thuringer vorsteht, wird die Zuwendung Gottes im Hören der frohen Botschaft und im Teilen von Brot und Wein erfahrbar und begreifbar. Musikalisch wird der Gottesdienst gestaltet von Dirk Faulbaum an der Orgel, Timo Neudorfer als Kantor und dem Projektchor der Gemeinde unter der Leitung von Pfarrvikar Thomas Mayer.

Ablauf des Gottesdienstes

Hier einige Ausschnitte aus dem Gottesdienst:

Einleitung

Liebe Hörerin, lieber Hörer – heute können Sie mit uns in der Kirche St.
Willibrord in München Gottesdienst feiern. Von Gott geliebt. Diese
Erfahrung macht Jesus im heutigen Evangelium. Räume und Zeiten für
diese Erfahrung auch bei uns zu schaffen, ist ein Ziel und eine Hoffnung
der alt-katholischen Gemeinde hier in München.
Was ist alt-katholisch eigentlich?
Die Alt-katholische Kirche ist eine katholische Reformkirche. Sie entstand
nach 1870, als das erste Vatikanische Konzil die Dogmen von der
Unfehlbarkeit und dem Führungsanspruch des Papstes verkündet hatte.
Die dagegen protestierenden Christen bildeten von München aus in der
Folge die ersten von heute ca. 60 alt-katholischen Gemeinden in
Deutschland. Sie wollten dem „alten“ Glauben treu bleiben – daher der
Name der Kirche: Alt-Katholiken.
Wir haben drei Gemeindemitglieder gebeten, uns zu sagen, was für sie
heute wichtig ist.

Gemeindemitglied:
Mir ist die Gastfreundschaft wichtig, die an vielen Stellen sichtbar wird,
ob im Gottesdienst oder danach beim Kirchenkaffee. Sie zeigt sich auch
im Besuchsdienst und der Flüchtlingsarbeit unserer Gemeinde. Auch die
Tatsache, dass es Platz für viele unterschiedliche Lebensentwürfe gibt,
finde ich gut.

Gemeindemitglied:
Die Mitsprache aller ist mir wichtig, diese zeigt sich z.B. bei der Wahl der
Pfarrerinnen und Pfarrer. Auch der Bischof und die Kirchenleitung
werden von der Synode gewählt.

Gemeindemitglied:
Ökumenische Offenheit prägt unsere Gemeinde aber auch die altkatholische
Kirche als Ganze. So haben wir mit der anglikanischen
Kirche seit vielen Jahrzehnten volle Kirchengemeinschaft.
Mit der Evangelischen Kirche gibt es eine gegenseitige Einladung zur
Eucharistie bzw. zum Abendmahl.

Wir freuen uns, liebe Hörerin, lieber Hörer, dass Sie heute mit uns
Gottesdienst feiern und wünschen Ihnen und uns, dass wir darin die
Zuwendung Gottes erfahren dürfen.

Einführung in den Gottesdienst

Der Himmel öffnet sich und der Geist Gottes kommt auf Jesus herab.
Liebe Hörerin, lieber Hörer, liebe Gemeinde hier in St. Willibrord, das ist
der Kern dessen, was wir am heutigen Sonntag von der Taufe des Herrn
feiern. Dazu begrüße ich Sie alle ganz herzlich.

War am Freitag, dem Dreikönigstag, noch von den Weisen die Rede, die
zur Krippe geführt werden und den neugeborenen König der Juden
suchen, so werden wir heute – 30 Jahre später – an den Jordan geführt.
Jesus lässt sich von Johannes taufen und dabei wird offenbar:
Er ist der Mensch, an dem Gott Gefallen gefunden hat.

In seinem Namen sind wir jetzt versammelt und grüßen ihn in unserer
Mitte mit dem Ruf „Kyrie eleison“.

Gebet des Tages

Lasst uns beten:
Menschenfreundlicher Gott,
du hast Jesus bei der Taufe im Jordan
als deinen geliebten Sohn geoffenbart.
Gib, dass auch wir, die wiedergeboren sind
aus dem Wasser und dem Heiligen Geist,
als deine Söhne und Töchter leben
durch ihn, unsern Herrn Jesus Christus,
deinen Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geist
lebt und wirkt von Ewigkeit zu Ewigkeit.

1. Lesung: Jes 42,1-9 (Einheistübersetzung)

Lesung aus dem Buch Jesaja.
Seht, das ist mein Knecht, den ich stütze;
das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen.
Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt,
er bringt den Völkern das Recht.
Er schreit nicht und lärmt nicht
und lässt seine Stimme nicht auf der Straße erschallen.
Das geknickte Rohr zerbricht er nicht,
und den glimmenden Docht löscht er nicht aus;
ja, er bringt wirklich das Recht.
Er wird nicht müde und bricht nicht zusammen,
bis er auf der Erde das Recht begründet hat.
Auf sein Gesetz warten die Inseln.
So spricht Gott, der Herr, der den Himmel erschaffen und ausgespannt
hat,
der die Erde gemacht hat und alles, was auf ihr wächst,
der den Menschen auf der Erde den Atem verleiht
und allen, die auf ihr leben, den Geist:
Ich, der Herr, habe dich aus Gerechtigkeit gerufen,
ich fasse dich an der Hand.
Ich habe dich geschaffen und dazu bestimmt,
der Bund für mein Volk und das Licht für die Völker zu sein:
blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen
und alle, die im Dunkel sitzen, aus ihrer Haft zu befreien.
Ich bin JHWH (der Ewige), das ist mein Name;
ich überlasse die Ehre, die mir gebührt, keinem andern,
meinen Ruhm nicht den Götzen.
Seht, das Frühere ist eingetroffen, Neues kündige ich an.
Noch ehe es zum Vorschein kommt, mache ich es euch bekannt.

2. Lesung: Apg 10,34-38 (Einheistübersetzung)

Lesung aus der Apostelgeschichte.
Da begann Petrus zu reden und sagte:
Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht,
sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist,
wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.
Er hat das Wort den Israeliten gesandt,
indem er den Frieden verkündete durch Jesus Christus;
dieser ist der Herr aller.
Ihr wisst, was im ganzen Land der Juden geschehen ist,
angefangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes verkündet hat:
wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat
mit dem Heiligen Geist und mit Kraft,
wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte,
die in der Gewalt des Teufels waren;
denn Gott war mit ihm.

Evangelium

Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes,
um sich von ihm taufen zu lassen.
Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm:
Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir?
Jesus antwortete ihm:
Lass es nur zu!
Denn nur so können wir die Gerechtigkeit, die Gott fordert, ganz erfüllen.
Da gab Johannes nach.
Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen,
da öffnete sich der Himmel,
und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen.
Und eine Stimme aus dem Himmel sprach:
Das ist mein geliebter Sohn,
an dem ich Gefallen gefunden habe.

Predigt

Als kleiner Bub, noch keine 10 Jahre alt, steh ich auf kleinen Skiern,
eingepackt in Skihose, Anorak, Mütze und Handschuhe oben am Hang.
Der Hang kommt mir plötzlich unwahrscheinlich steil vor. Und Buckel
sind da drin! O je! Da komm ich nie und nimmer runter. Ich schau mir den
Hang genau an. Wo könnte es gehen? Eigentlich nirgends, oben ist es
glatt und harschig, dann kommen die bedrohlichen Buckel und das
Ganze kommt mir fast so steil und senkrecht vor wie eine Wand.
Außerdem zieht der Nebel vom Tal rauf, bedrohlich, dunkel. Verzweiflung
macht sich in mir breit. Meine Augen werden feucht, Tränen kullern über
mein Gesicht. Mein großer Bruder ist längst unten und lacht. Wie gemein
der ist! Und wo ist der Papa? Ich seh ihn nicht, vorhin im Skilift war er
noch da. Wenn der jetzt auch schon unten ist, dann gibt es niemanden,
der mir hilft. Es dauert eine Zeit, bis ich merke, dass sich eine Hand auf
meine Schulter gelegt hat und rechts und links von meinen kleinen
Skiern jeweils ein großer Ski zu sehen ist. Papa! Gott sei Dank! Ich bin
nicht allein. Und dann fahren wir los, langsam, Pflugbogen für
Pflugbogen, der Papa immer ganz dicht hinter mir. So ungefähr in der
Mitte des Hangs ist mein Mut wieder da. Ganz unbewusst löse ich mich
vom Vater und fahr die zweite Hälfte des Hanges selbstständig hinunter.
Unten angekommen bin ich nicht nur froh, dass ich noch lebe, sondern
mächtig stolz, dass ich das geschafft hab. Und der Papa sagt: „Das hast
du toll gemacht. Du kannst das doch.“
Liebe Gemeinde, liebe Hörerinnen und Hörer, ich erzähl Ihnen das, weil
diese Erfahrung tatsächlich etwas widerspiegelt, was im Evangelium von
der Taufe Jesu angesprochen ist. Wir wissen, was diesem Jesus von
Nazareth bevorsteht, wir wissen, wie sein verhältnismäßig kurzes Leben
verlaufen wird. Und er wird seinen Weg gehen bis hinauf nach Golgota,
bis zum Tod am Kreuz.
Alle vier Evangelien berichten von dieser Taufe Jesu im Jordan und von
der Stimme des Vaters: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich
Gefallen gefunden habe.“ Jesus von Nazareth weiß den hinter sich, den
er seinen Vater nennt. Das gibt ihm Sicherheit, nahezu grenzenlose
Sicherheit. Aus dieser Sicherheit heraus kann er seinen Weg gehen, bis
hin zum bitteren Ende. Ganz am Ende, am Kreuz, in den letzten Minuten
seines irdischen Lebens, scheint er diese Sicherheit des Vaters, der
hinter ihm steht, zu verlieren: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen?“ Die Antwort des Vaters darauf heißt: Ostern, heißt
Auferstehung. Gott verlässt ihn nicht. Als Mensch muss er den Tod der
Menschen sterben, und das fühlt sich einsam an, gottverlassen. Doch
Gott ist da. Der Tod ist nicht das letzte Wort.
Ich liebe dieses Evangelium von der Taufe Jesu. Wie kaum eine andere
Stelle im Neuen Testament verbindet es die Erfahrung menschlicher
Psyche – in ihrer Größe und in ihrer Abgründigkeit – mit dem, was die
Theologie Offenbarung Gottes nennt.
Der theologische Inhalt allein ist ja durchaus sinnvoll: Jesus wird offenbar
als der Sohn Gottes. Aber theologische Inhalte allein haben nichts
Lebendiges, es sei denn sie beziehen sich auf unser Leben, auf jetzt und
heute. Und genau das ist bei den Berichten von der Taufe Jesu der Fall.
Jeder Mensch braucht die Zusage, die Jesus hier erhält: Du bist mein
geliebter Sohn / meine geliebte Tochter – oder einfach: Du bist geliebt.
Das Fest der Taufe Jesu ist wichtig, um das Kirchenjahr zu verstehen.
Alles was jetzt kommt und gefeiert wird, bis Ostern, bis Pfingsten und
darüber hinaus, wird sozusagen „legitimiert“ durch Gott selbst, der hinter
Jesus von Nazareth steht, seinem geliebten Sohn, an dem er Gefallen
gefunden hat. Das Ganze wäre aber sinnlos und hätte mit uns und der
Welt nichts zu tun, stünde Gott nicht auch hinter jedem Menschen, ja
hinter seiner ganzen Schöpfung, an der er Gefallen hat.
Gott steht zu Jesus von Nazaret als seinem geliebten Sohn. Genauso
steht er zu seiner ganzen Schöpfung, die er gemacht hat und für gut
befunden hat. Er steht auch zu dir und mir und zu dieser Welt mit ihrem
Wohl und Wehe.
Unser Leben und diese Welt und schließlich wir selbst gehen nicht
verloren, selbst wenn es ganz schlimm und finster kommt, selbst wenn
wir uns gottverlassen fühlen, wie Jesus am Kreuz.
Die Erfahrung liebender Eltern, die hinter uns stehen und uns sicher
durch gefährliche Abgründe geleiten, ist die Kraft, die uns hilft unser
Leben zu meistern. Nun – unsere Eltern waren sicher alle nicht perfekt,
so wie auch Eltern heute nicht perfekt sind. Wir sind nun mal Menschen
und machen Fehler. Aber wir machen nicht nur Fehler, wir stärken auch
andere.
Und selbst, wenn uns die Erfahrung irdischer Eltern, die hinter uns
stehen, fehlen sollte: Einer sagt auch zu dir und mir, zu uns ganz
persönlich, und zu jedem seiner Geschöpfe:
„Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter! An dir habe ich
Gefallen gefunden.“
Amen.

Eucharistiegebet (aus dem Altarbuch X)

Guter Vater, wir stehen vor dir mit geöffneten Händen. Sie sind Zeichen
unserer Bedürftigkeit. Alles, was wir unser nennen, genügt nicht, wenn
wir dich nicht haben. Du bist der Sinn, das wahre Ziel und die Tiefe
unseres Daseins. Du bist kein Gott, der bei sich selbst bleibt. Du hast
dich unserer Armut und Schwachheit angenommen und gibst uns in
unsere ausgestreckte Hand das einzigartige Geschenk, deinen Sohn. Er
ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Wir bitten dich darum:
Dein Geist erwecke aus diesen irdischen Gaben, dem Brot und dem
Wein, deine unsterbliche Gabe an uns, die Zuflucht der Schuldigen, das
Heil der Kranken, die Auferstehung der Toten, die Erfüllung aller
Hoffnung, unseren Herrn Jesus Christus.
Denn am Abend vor seinem Leiden nahm er das Brot, brach es, reichte
es seinen Jüngern und sprach:
Nehmt und esst: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.
Ebenso nahm er den Kelch, dankte wiederum,
reichte den Kelch seinen Jüngern und sprach: Nehmt und trinkt alle
daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das
für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden.
Tut dies zu meinem Gedächtnis!
So feiern wir, Vater, das Gedächtnis deines Sohnes. Wir denken daran,
dass du ihn uns aus Liebe geschenkt hast. Wir denken an sein Leben, an
die Worte, durch die er in unser Leben hineinspricht, an die Zeichen, mit
denen er uns Hoffnung auf die Vollendung der Welt gibt. Wir gedenken
seines Leidens und Sterbens durch Menschenhand. Doch wir sind erfüllt
von der österlichen Gewissheit: Er lebt. Er ist auferstanden. Er herrscht
in deiner unermesslichen Herrlichkeit und hat das Reich seiner Liebe
schon aufgerichtet unter uns.

Geheimnis des Glaubens!
Christus ist gestorben, Christus ist erstanden, Christus wird
wiederkommen.

Gott, schau auf alle Menschen,
die deiner und unserer Zuwendung besonders bedürfen: auf die
Gequälten, Missachteten und Ausgebeuteten, auf alle, deren Krankheit
niemand heilt. Gedenke der Einsamen, derer, die ohne Hoffnung sind,
der Trauernden und aller, deren Herz nach Liebe schreit. Ermutige alle,
die dein Wort verkünden: Stärke unseren Bischof Matthias, die
Gemeinschaft der Bischöfe und alle Frauen und Männer im
apostolischen Dienst. Schenke unseren Verstorbenen deine Nähe und
vollende sie in deiner unendlichen Güte. Wir denken heute besonders an
Irmgard Kessler und Herbert Dorst, deren Jahresgedächtnis wir
begehen.
Mit all deinen Heiligen lass uns teilhaben am Sieg über den Tod und über
alles, was uns ängstigt und was uns bedrückt. Darum bitten wir durch
unseren Herrn Jesus Christus, den Mittler allen Heiles.

Ansage zum Schluss

Liebe Hörerin, lieber Hörer, liebe Gemeinde hier in St. Willibrord, am
Ende dieses Gottesdienstes wünsche ich Ihnen einen gesegneten
Sonntag und eine gute kommende Woche. Wir alle dürfen leben aus der
Zusage, dass wir geliebte Söhne und Töchter Gottes sind; Menschen an
denen Gott Gefallen gefunden hat. Diese frohe Botschaft ist es wert,
weitergetragen zu werden, dafür bitten wir um den Segen Gottes.

Den gesamten Ablauf können Sie als PDF herunterladen.

 
 

Rundfunkgottesdienst 2008: Wie Thomas auf der Suche nach tragfähigen Gotteserfahrungen

Rundfunkgottesdienst im Deutschlandfunk und auf der Deutschen Welle
live aus der alt-katholischen Kirche St. Willibrord, München

am Sonntag, 30. März 2008, um 10.05 Uhr

„Wie Thomas auf der Suche nach tragfähigen Gotteserfahrungen“ – das ist das Thema des Rundfunkgottesdienstes am Sonntag, den 30. März, aus der alt-katholischen Gemeinde St. Willibrord in München. Er wird ab 10.05 Uhr im Deutschlandfunk und auf der Deutschen Welle übertragen.

An diesem zweiten Sonntag der Osterzeit handelt das Evangelium von Thomas, dem Zweifler. Er will und muss eigene Erfahrungen mit dem auferstandenen Jesus machen, bevor er glauben kann. Solche eigenen Erfahrungen sind wichtig für jede Glaubensgeschichte. In der Predigt lädt Pfarrer Siegfried Thuringer die Gottesdienstgemeinde vor Ort und am Radio ein, darüber nachzudenken, was jede und jeder selbst mit dem biblischen Thomas gemeinsam hat und wie man Glauben erleben und erfahren kann. Die Eucharistiefeier, an der die Hörer und Hörerinnen am Radio mittelbar teilnehmen können, wird dabei als ein Ort gedeutet, an dem Gott auf unterschiedliche Weise zu erfahren und zu begreifen ist.

Die alt-katholische Gemeinde St. Willibrord in München ist ein offener Ort, an dem Zweifel wie Glauben ihren Platz haben und an dem Glaubenserfahrungen ausgetauscht und gemacht werden. Die sonntägliche Eucharistiefeier bildet den Mittelpunkt der Gemeinde. Danach trifft man sich in einem „Kirchenkaffee“. Glauben erfahren und reflektieren – das kann man in St. Willibrord in ganz unterschiedlichen Formen wie Gartenhausgesprächen, Exerzitien im Alltag, Abendgebeten oder Meditationen. Diese Angebote werden getragen vom ehrenamtlichen Engagement vieler und sind offen über den Kreis der Gemeinde hinaus. Und weil Glaube und Handeln zusammengehören, gibt es verschiedene diakonische Angebote: vom Eine-Welt-Laden bis zum Diakoniefonds.

Die Kirche St. Willibrord liegt im Zentrum von München in der Nähe des Sendlinger Tors. Ursprünglich als englische Botschaftskirche im Königreich Bayern geplant, ist sie nun die Kirche der Alt-Katholiken aus München und Teilen von Oberbayern.

Musikalisch gestalten diesen Gottesdienst Manfred Gebert als Organist, Dirk Faulbaum als Kantor und der Projektchor der Gemeinde St. Willibrord unter der Leitung von Astrid Sachs.

Ablauf des Gottesdienstes

Hier einige Ausschnitte aus dem Gottesdienst:

Einleitung

Liebe Hörerin, lieber Hörer,
am Altstadtring im Zentrum von München steht in der Nähe des Sendlinger Tors inmitten einer vom Verkehr umringten Grünanlage die alt-katholische Kirche St. Willibrord. Das Kirchengebäude aus rotem Backstein – für Bayern eher untypisch. erinnert an eine englische Dorfkirche im viktorianischen Stil. St. George, so der ursprüngliche Name der Kirche, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als anglikanische Kirche für die Angehörigen der englischen Botschaft im Königreich Bayern gebaut.

Seit 1919 ist sie Heimat der alt-katholischen Gemeinde. Wer sind die Alt-Katholiken? Beim I. Vatikanischen Konzil 1870 in Rom wurde das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes verkündet – sein Anspruch auf absolute Leitungsgewalt. Dem schlossen sich nicht alle Katholiken an. Und so gründeten sich in den Folgejahren von München aus die ersten von heute ca. 60 alt-katholischen Gemeinden in Deutschland. Sie wollten dem „alten Glauben treu bleiben“, daher der Name der Kirche: Alt-Katholiken. Zu den Grundlagen dieses „alten“ katholischen Glaubens gehören die Siebenzahl der Sakramente, die sonntägliche Feier der Eucharistie und die Leitung der Kirche durch Bischöfe. Die Alt-Katholiken verstehen sich als katholische Reformkirche. Sie wählen ihre Pfarrer – seit 1996 auch Pfarrerinnen – genauso wie die Bischöfe. Ihre Geistlichen dürfen heiraten. Auch ökumenische Offenheit prägt die alt-katholische Kirche: Es bestehen gute Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen und in München besonders zu der anglikanischen Gemeinde. Mit den Evangelischen Kirchen in Deutschland besteht seit 1985 eine gegenseitige Einladung zur Eucharistie bzw. zum Abendmahl. Musikalisch gestalten den Gottesdienst: an der Orgel Manfred Gebert, Dirk Faulbaum als Kantor und der Projektchor der Gemeinde St. Willibrord unter der Leitung von Astrid Sachs. Nach dem Orgelvorspiel singt die Gemeinde das Lied „Gelobt sei Gott im höchsten Thron“, der Nummer 103 im evangelischen Gesangbuch bzw. 409 im alt-katholischen Gesangbuch.

Einführung in den Gottesdienst

Liebe Hörerin, lieber Hörer, liebe Gemeinde hier in St. Willibrord.
Ich begrüße Sie alle zu unserem Gottesdienst heute am 2. Sonntag der Osterzeit. Das Osterlied, das wir zu Beginn gesungen haben, erinnert uns noch einmal an die Botschaft des Osterfestes: Christus ist auferstanden …

Eine Botschaft, die uns so wichtig ist, dass wir sie bis Pfingsten 50 Tage lang feiern. Freilich, die Texte am heutigen Sonntag, erinnern uns auch daran, dass schon die Freunde Jesu damals ihre Mühe mit dieser Botschaft hatten. Vom ungläubigen Thomas hören wir heute im Evangelium. Er legt seine Zweifel offen und bleibt doch in der Gemeinschaft der anderen, weil er dieser Botschaft trauen möchte.

Auch wir sind als Gemeinschaft um Jesus Christus versammelt, mit unserem Glauben und unserem Zweifel. Ihn grüßen wir mit dem Ruf Kyrie eleison.

Lesung (Apg, 2,42-27) (Einheitsübersetzung)

Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam.

Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen. Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.

Soweit die Worte der Lesung!
Gott, dem Herrn, sei Dank!

Evangelium (Joh 20,19-31)

Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor der jüdischen Obrigkeit die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei

ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott!

Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Soweit die Worte des heiligen Evangeliums. Es sind Worte ewigen Lebens.

Lob sei Dir, Christus.

Predigt

„Zwei Mönche studierten in der großen Bibliothek ihres Klosters. Generationen vor ihnen hatten viele geistige Schätze der Welt hier zusammengetragen. Sie lasen in den Büchern vom frühen Morgen bis zum Abend, wenn dann ein Bruder ihnen die Öllampe brachte. Längst waren ihre Augen müde und ihre Herzen alt geworden. „Mein Gott“, seufzte der eine. Und der andere fragte: „Hast du Ihn endlich gefunden?“

Liebe Schwestern und Brüder,
diese Geschichte von den beiden Mönchen, die auf der Suche nach Gott sind, lässt mich nicht nur schmunzeln, sondern macht mich auch nachdenklich. Das, was sie suchen, ist ja auch das, was wir uns alle wünschen: die sichere Erkenntnis, dass es Gott gibt, dass das, was wir im Glauben bekennen, auch wahr ist.

Vielleicht haben Sie schon einmal von sogenannten Thomasmessen gehört, die ursprünglich in Skandinavien entwickelt wurden, mittlerweile aber in vielen Städten angeboten werden. Sie wenden sich an .Zweifler, Ungläubige und andere gute Christen., so der etwas provozierende Untertitel, den ich bei einer Ankündigung einmal gelesen habe.

Dieser Titel beschreibt aber wahrscheinlich die Realität der meisten unserer Gottesdienste, ganz gleich welcher Konfession. Es versammeln sich da nicht nur Gläubige, sondern eben auch Zweifler, Gottsucher und manchmal auch Ungläubige. Nur so ist zu erklären, dass bei Umfragen auch viele der regelmäßigen Gottesdienstbesucher angeben, nicht an die Auferstehung der Toten zu glauben. Ich vermute, dass das in früheren Zeiten gar nicht viel anders war; es wurde allerdings nicht so offen ausgesprochen, denn es war verpönt und bisweilen sogar bestraft, Glaubensdinge in Frage zu stellen.

Heute würde ich sagen, es ist gut nachzufragen und zu hinterfragen. Es ist auch gut zu zweifeln, weil das eine Möglichkeit darstellt, zum Glauben zu finden. Jedenfalls zeigt uns das Thomas im heutigen Evangelium, nach dem die Thomasmesse benannt ist. In dieser Geschichte wird der Zweifel als eine Möglichkeit, Gott zu begegnen anerkannt. und zwar von Jesus selbst und durch die Bibel. Aber, das ist nicht nur in dieser Geschichte so:

Keine der Ostererzählungen berichtet von leichtgläubigen Menschen. Als die Frauen vom leeren Grab und der Auferstehungsbotschaft erzählen, glauben es die Jünger nicht. Zuviel war passiert, zu sehr waren sie enttäuscht und verängstigt, als dass sie dem Gesagten trauen konnten. Die einen sperrten sich ein, andere gingen um ihn selbst zu suchen und zu sehen, andere wie die Emmausjünger machten sich auf und davon.

Allen ist gemeinsam, dass erst eigene Erfahrungen mit dem Auferstandenen sie von der Wirklichkeit der Auferstehung überzeugten. Ich bin mir gar nicht sicher, ob Thomas mit der traditionellen Zuschreibung Zweifler wirklich gut getroffen ist. Er ist einer, der die Erfahrung sucht. Er begnügt sich nicht damit, nur zu glauben, was andere ihm erzählen. Er möchte selbst sehen, selbst ertasten, selbst berühren.

Und ich denke, das ist etwas, was wir alle möchten. Wenn wir miteinander Gottesdienst feiern, dann geht es ja auch um Erfahrung. Erfahrung der Gemeinschaft untereinander, Erfahrung der Gemeinschaft mit Jesus Christus. Und auch wenn wir den Auferstandenen anders als Thomas nicht sehen können, sind wir eingeladen ihn zu begreifen.

Der christliche Gottesdienst war von Anfang an nie nur Wortverkündigung, sondern auch Mahlfeier, in der Jesus Christus erfahrbar, in den eucharistischen Gaben von Brot und Wein be-greifbar sein sollte. Jesus Christus ist nicht nur in unserer Mitte, sondern er lässt sich berühren.

In der Gestalt des Brotes legt er seinen Leib in unsere Hände. Und der Wein im Kelch steht für das Blut, das aus seiner Seitenwunde fließt. „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.“ heißt es im Johannesevangelium (Joh 6,51).

Hier geschieht im Glauben das, was Jesus dem Thomas gewährt, nämlich ihn zu berühren. Der Auferstandene schenkt sich uns in den eucharistischen Gaben von Brot und Wein, wir können ihn sehen, schmecken, seine Gegenwart verkosten. Wie für Thomas im Begreifenwollen und Berührendürfen der Wundmale, so kann sich für uns in der Feier der Eucharistie das Wunder des Glaubens ereignen.

Liebe Schwester und Brüder,
die Eucharistiefeier ist ein Raum dem Auferstandenen zu begegnen, aber, und das sage ich nicht nur im Hinblick auf die Hörerinnen und Hörer, die unseren Gottesdienst heute am Radio mitfeiern, sicher nicht der einzige, in dem Gott sich erfahren lässt.

Ich lade Sie ein, auf den eigenen Glaubens- und auch Unglaubensweg zu schauen und sich selbst zu fragen: Auf welche Erfahrungen kann sich mein Glaube berufen? Wo hat der Zweifel meinen Glauben vertieft und von Illusionen befreit? Was heißt es für mich, meine Finger in die Wunden Jesu zu legen? Wo habe ich den Auferstandenen erfahren und wo ihn berührt?

Vielleicht erinnere ich mich dabei an Erlebnisse auf meinem Glaubensweg, die mich gestärkt haben und die mich heute noch tragen. Es kann auch sein, dass Erfahrungen verblasst sind oder schlichtweg fehlen.

In jedem Fall wünsche ich uns, dass wir die Sehnsucht nach der Begegnung mit dem Auferstandenen wach halten, gerade dann, wenn wir ihn weit weg wähnen; ich wünsche uns, dass wir die Kirche erfahren als eine Gemeinschaft, die trägt, auch dann, wenn mir selbst der Glaube abhanden gekommen ist. Und ich wünsche uns allen, dass unsere Augen auf der Suche nach Gott anders als die der Mönche in der Geschichte nicht müde werden und unsere Herzen dabei jung bleiben.

Amen.

Ansage zum Schluss

Vor dem Segen noch einige Hinweise für Sie, liebe Hörerin, lieber Hörer:
Wenn Sie uns eine Rückmeldung zu diesem Gottesdienst geben möchten, dann erreichen Sie uns telefonisch unter der Nummer 089-393433 oder über die Adresse des alt-katholischen Pfarramtes: Adalbertstraße 32, 80799 München.

Die Kollekte des Gottesdienstes ist bestimmt für den Aufbau einer Nähschule in Kamerun, der von einem Mitglied der Münchner Gemeinde und dem alt-katholischen Zisterzienserkloster Leinau begleitet wird. Dafür können auch Sie spenden.

Im Namen des Kirchenvorstands und der ganzen Gemeinde, wünsche ich Ihnen noch einen gesegneten Sonntag.

Nach dem Segen singen wir das Lied: „Wir wollen alle fröhlich sein.“ im alt-katholischen Gesangbuch Nr. 418, im evangelischen Gesangbuch Nr. 100.

Den gesamten Ablauf können Sie als PDF herunterladen.

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