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Liebe Gemeindemitglieder,liebe Freundinnen und Freunde unserer Gemeinde,
„Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt“ 1 Kor 12,7 – so lautet eine Ermahnung des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth, über die ich schon öfters gestolpert bin und die mich aufhorchen lässt.
Paulus schreibt über Begabungen, die es in einer ganz konkreten Gemeinde, eben Korinth, gibt, und er erinnert daran, dass diese Begabungen, die jede/jeder Einzelne hat, nicht Gaben zum Selbstzweck oder Eigennutz, sondern Gaben für die gesamte Gemeinschaft sind. Etwas banal ausgedrückt: Wer gut singen kann, der soll das nicht im stillen Kämmerlein tun, sondern zur Erbauung aller!
Wir alle wissen, wie wichtig Begabungen und das Einbringen dieser Talente für das Leben einer Gemeinde sind und sind dankbar, dass sich in unserer Gemeinde so viele engagieren. Hellhörig werde ich aber, wenn Begabungen/Talente nur in ihrer Nützlichkeit für die Gemeinschaft gesehen werden. Zunächst einmal darf ich mich über meine Talente und Gaben freuen und dafür dankbar sein.
Hintergrund für die Ermahnung des Paulus ist ein handfester Konflikt in Korinth. Es gibt viele Menschen, die sich mit ihren Begabungen in das Gemeindeleben einbringen, aber sie spielen nicht recht zusammen, und es fehlt die richtige Wertschätzung für die einzelnen Begabungen.
Da ist z. B. eine kleine Gruppe von ChristInnen, die im Gottesdienst mit schöner Regelmäßigkeit in religiöse Ekstase gerät. Sie stammeln oder singen in unverständlichen Worten und Schreien. Sie fühlen sich geradezu in einen Rauschzustand versetzt, und das Ganze gilt ihnen als besonders intensive Erfahrung der Nähe Gottes. Diese „Zungenredner“ haben in der Gemeinde sehr wohl ein hohes Ansehen. Aber sie halten sich selber auch für etwas Besonderes und blicken etwas geringschätzig auf die normale, alltägliche Christlichkeit der anderen herab. Paulus versucht, diese Gruppe stärker in die Gemeinde einzubinden. Er lässt das ekstatische Element gelten, er verbietet es nicht, aber er tritt entschieden seiner Überschätzung entgegen.
Alle Begabungen haben den gleichen Wert und sind für das Leben der Gemeinde notwendig, das ist die Botschaft des Paulus. Die Vielfalt in der Gemeinde ist in seinen Augen ein unschätzbarer Reichtum, solange verschiedene Begabungen sich in die Gemeinde integrieren. Wo sie spirituellem oder sonstigem Egoismus verfallen, drohen sie aber, die Gemeinde zu zerstören, statt sie aufzubauen. Es geht also nicht darum, Begabungen gegeneinander aufzurechnen oder zu bewerten.
Wer den Korintherbrief weiterliest, der wird darauf stoßen, dass für Paulus die Grundbegabung, die jede und jeder in sich hat, die Liebe ist. Ohne sie ist jede Begabung nutzlos. Wer andere mit den Augen der Liebe betrachtet, der wird niemanden geringschätzen und auch das vermeintlich kleinste Talent als außerordentlich wichtig ansehen. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Geist: „Er bewirkt alles in allen.“
Das, was ich kann und bin, meine Begabungen und Fähigkeiten, darf ich als Geschenk Gottes begreifen. Ich bin von Gott her ermächtigt zu sagen: „Ich bin zwar nicht perfekt, aber ich habe eine Menge exzellenter Eigenschaften.“ Genau betrachtet, entfalten sich viele meiner Begabungen und Fähigkeiten ja eigentlich erst, wenn sie tatsächlich auf andere ausgerichtet sind. Was nützt es einem, der gut zuhören kann, wenn da nicht jemand ist, dem er zuhören soll. Was nützt es einer, die prophetisch reden kann, um bei der Gemeinde Korinth zu bleiben, wenn sie ihre Lösungen und Visionen für sich behält. Oder ein ganz banales Beispiel: Was nützt es einem, der exzellent kochen kann, wenn er nur für sich selbst Festmähler zubereitet. Es macht mehr Freude und beflügelt mehr, wenn ich andere bekochen kann.
„Jedem wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt.“Wenn wir in den kommenden Wochen die Aussendung des Geistes Gottes feiern, werden wir daran erinnert, dass alle, die Gott seinem Volk hinzufügt, Begabungen haben, die in der Glaubenssprache „Geistgaben“, Charismen, genannt werden. Pfingsten wäre ein guter Anlass, über meine Begabungen nachzudenken und auch darüber, wie ich diese einsetze.
Ihr
Siegfried J. Thuringer, Pfr.
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