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Alt-katholisch … Klingt spontan erstmal nicht nach einer offenen, aufgeschlossenen und reformorientierten Kirche, zugegeben. Denn bei „alt“ denken die meisten gleich an „stockkonservativ“, „reaktionär“ oder „veraltet“.
Alt-katholische Ansichten sind aber alles andere als das. Unser Vorschlag: Geben Sie uns fünf Minuten, um den ersten „altmodischen“ Eindruck zu revidieren.
Die Anfänge reichen zurück bis ins erste Jahrtausend der Kirchengeschichte. Früher waren die einzelnen Landeskirchen und ihre Bischöfe selbstständig. Die alt-katholische Kirche in Deutschland steht bis heute in der Tradition der selbstständigen katholischen Kirchen.
Anlass zur Eigenständigkeit waren die Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils von der Unfehlbarkeit des Papstes und seiner obersten Rechtsgewalt. Aus unserer Sicht wurden in jenen Tagen Entscheidungen getroffen, die nicht mit der Bibel und der katholischen Tradition in Einklang stehen. Viele Katholikinnen und Katholiken hielten darum am „alten“ katholischen und apostolischen Glauben fest. Diese Katholikinnen und Katholiken, die aus Gewissensgründen die neuen Dogmen nicht als Glaubenssätze annehmen konnten, wurden vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen und mussten sich als eigenständige katholische Kirche organisieren: Es entstand die alt-katholische Kirche. Der Name ist also auf die „alte Lehre“ der ungeteilten katholischen und apostolischen Kirche zurückzuführen. Das Katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland ist als eine selbstständige und staatskirchenrechtlich anerkannte katholische Kirche auch Gründungsmitglied der Utrechter Union, in der sich die alt-katholischen Kirchen zusammengeschlossen haben. Ebenfalls sind wir Gründungsmitglied der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland“ (ACK) und des Weltkirchenrates/Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK).
Unser Leitmotiv ist damals wie heute das Festhalten am Glauben und an den Ordnungen der alten und einen Kirche, deren Mitte und Haupt Jesus Christus ist.
Das heißt, dass die Bischöfin bzw. der Bischof zwar die Kirche leitet, aber im Prinzip alle Mitglieder der Kirche an Entscheidungsprozessen beteiligt sind, also z. B. Pfarrerinnen bzw. Pfarrer und Bischöfinnen bzw. Bischöfe gewählt und nicht „vorgesetzt“ werden, das geistliche Amt Frauen offensteht und kirchliche Leitungsaufgaben auch von Laien ausgeübt werden. Das „Kirchenvolk“ ist also in allen Gliedern beteiligt, niemand wird ausgeschlossen. Und nicht nur der Bischof wird wie früher gewählt, sondern Gemeinde und Bistum sind heute insgesamt synodal strukturiert: Auf Pfarrebene ist die Gemeindeversammlung das oberste Entscheidungsorgan (sie wählt z. B. die Pfarrerin bzw. den Pfarrer und die Synodalen). Auf Bistumsebene ist dies die Synode, die zu etwa 2/3 aus gewählten Laienabgeordneten der Gemeinden besteht; sie hat das Bischofswahlrecht.
„Synodal“ bedeutet aber nicht, dass hier Glaubenssätze formuliert oder Glaubensfragen verhandelt werden können. Diese Kompetenz hat nur ein allgemeines Konzil. Es bezeichnet vielmehr die Auseinandersetzung und manchmal auch das Ringen um den gemeinsamen Weg als katholische Kirche. Es berührt also die Frage, wie wir diesen katholisch-apostolischen Glauben als Kirche umsetzen und leben können.
Biblische Aussagen und dynamisches kirchliches Leben verbinden sich mit dem weltlichen Leben. So ist z. B. für die Geistlichen seit 1878 die vorgeschriebene Ehelosigkeit (Zölibat) als ein biblisch nicht begründbares Kirchengesetz abgeschafft worden, denn die ehelose Lebensform ist keine Bedingung für die Übernahme kirchlicher Ämter und Aufgaben. Vielmehr bleibt sie als eine mögliche Form des christlichen Lebens und Teil der persönlichen Berufungsgeschichte in die Entscheidung des einzelnen Menschen gestellt. Wer sich zu einem Leben in freiwilliger Ehelosigkeit berufen fühlt, allein oder in einer (Ordens-)Gemeinschaft, sollte und kann diese Berufung natürlich auch in der alt-katholischen Kirche leben.
Auch Frauen können die Sakramente des geistlichen Amtes – diakonisch, priesterlich, bischöflich – empfangen. Geschiedene und Wiederverheiratete wurden und werden nicht vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen. Wurde eine Ehe staatlich geschieden, gibt es u. U. die Möglichkeit einer nochmaligen kirchlichen Eheschließung.
Wir bekennen uns zur menschlichen Fehlbarkeit der Kirche und ihrer Mitglieder, also auch derer, die zu einem Leitungsamt in der Kirche berufen und bestellt sind. Wir versuchen, aus dem Wissen zu leben, dass jeder einzelne Mensch sowie die Kirche als Ganzes immer reformbedürftig und auf Vergebung angewiesen ist.
Wir sind offen für die Gemeinschaft aller Christinnen und Christen, auch am Tisch des Herrn:
Mit der Anglikanischen Kirchengemeinschaft stehen wir seit 1931 in voller kirchlicher Gemeinschaft („Bonner Vereinbarung“/“Bonn Agreement“), mit der Unabhängigen Philippinischen Kirche, der Lusitanischen Kirche von Portugal sowie der Reformierten Episcopalkirche Spaniens seit 1965 und mit der Lutherischen Kirche von Schweden seit 2017.
Mit weiteren Kirchen, wie mit der indischen Mar-Thoma-Kirche, der römisch-katholischen Kirche und der Orthodoxie sind wir im Gespräch.
Mit der Evangelischen Kirche in Deutschland haben wir 1985 eine Vereinbarung zur gegenseitigen Einladung zum Abendmahl getroffen.
Unsere Einstellung zur Abendmahlsgemeinschaft: Alle Getauften, die an einer alt-katholischen Eucharistiefeier teilnehmen und mit uns glauben, dass in den Gaben von Brot und Wein Jesus tatsächlich gegenwärtig ist, sind zur Kommunion (die unter beiderlei Gestalten gereicht wird) herzlich willkommen. Denn es ist ja nicht der Priester bzw. die Priesterin oder die Kirche, sondern Christus selbst, der uns um seinen Tisch versammelt und sich uns schenkt. Er lädt uns ein zur Kommunion, zur Gemeinschaft mit ihm und in ihm.