Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Freundinnen und Freunde unserer Gemeinde!

„Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.“Mt 11,28 Welch eine einladende Botschaft spricht Jesus da aus, der ich gerne folgen möchte, besonders in solchen Zeiten. Kommt alle zu mir, die ihr euch abmüht und schwere Lasten tragt. Diejenigen, die mit sich selbst und anderen kämpfen. Mit dem Beruf, den Lasten des Lebens, mit Sorgen und Problemen. Kommt alle zu mir mit der Last der Krankheit, der Pflege, mit der Last der Vergangenheit, mit der Last der Schuld. Kommt zu mir! Ich werde euch Ruhe schenken und euch aufatmen lassen. Natürlich, wenn man die Einladung im Kontext liest, wird man stutzig, denn Jesus fährt fort: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ Wie passt das zusammen? Es wird mir versprochen, Erleichterung zu finden, und gleichzeitig wird mir etwas Hartes und Herausforderndes auferlegt, das mir den Atem raubt? Ich fürchte, dass wir das Bild des aufgelegten Jochs heute nicht mehr richtig verstehen. Es stammt aus der bäuerlichen Kultur.

Das Joch wird dem Zugtier angelegt, nicht um es zu belasten, sondern um ihm zu helfen, die schwere Last zu bewältigen. Das Joch ist ein Werkzeug, um schwere Lasten zu ziehen; Pflüge, Eggen und Wagen wurden daran befestigt. Das Joch drückt zwar, aber es ist eine Hilfe, um Lasten bewegen und mit ihnen umgehen zu können. Jesus verspricht also nicht, alle Lasten abzunehmen oder von den Mühen des Lebens zu befreien, aber er bietet sich selbst als „Werkzeug“ an, mit dem diese Lasten leichter zu bewältigen sind. Er lädt ein, seine Lebensweise anzunehmen: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.“ Gütig zu sein bedeutet, das Gute in den Menschen zu sehen und gewaltfrei zu leben, ohne Ellenbogen einzusetzen. Demütig zu sein bedeutet, den Mut zum Dienen zu haben; sich von jemandem oder etwas einspannen zu lassen. Den Mut aufzubringen, auch dort hilfsbereit zu dienen, wo es nichts zu gewinnen gibt. Den Mut zu haben, auch dann standhaft zu bleiben, wenn man nicht im Rampenlicht steht und nicht mit Dank überschüttet wird. Das Joch Christi auf sich zu nehmen bedeutet letztendlich, sich an Jesu Lebensweise zu orientieren.

Eine rabbinische Erzählung berichtet von einem Rabbi, der abends außerhalb der Stadt zwischen den Feldern spazieren ging, um seine Gedanken zu sammeln. Dort traf er einen Wächter und fragte ihn: „Für wen gehst du?“ Der Wächter antwortete: „Ich wurde von meinem Herrn beauftragt, diese Felder zu bewachen. Ich gehe für meinen Herrn. – Aber für wen gehst du?“ Für wen gehst du? – Das ist die grund­legende Frage, die Jesus damals seinen Jüngern stellte.

Und es ist die Frage, die vielleicht auch mir heute gestellt wird:
Für wen gehe ich?
Für welche Ziele lebe ich? Wofür lasse ich mich einspannen?

Siegfried Thuringer, Pfr.

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