Gemeinden Mannheim - Ludwigshafen - Hessloch

Das haben wir noch nie probiert, also wird es sicher gut gehen.

Liebe Gemeindemitglieder, liebe Gäste!

Am 21. Mai feierte eine berühmte Persönlichkeit aus Schweden ihren 75. Geburtstag: Pippi Langstrupf. Schon ihr vollständiger Name – Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf – machte deutlich, dass es sich hierbei um kein gewöhnliches Mädchen handeln konnte.

Und Pippi war tatsächliche alles, nur nicht gewöhnlich. Pippi – das ist bis heute eine neunjährige Göre mit Sommersprossen und roten Zöpfen, die von ihren Vater vernachlässigt, allein in einem Haus mit Affe und Pferd lebt und einfach tut und lässt, was ihr gefällt. Dabei besteht sie so einige Abenteuer, legt sich mit Dieben an und besucht nur wenige Stunden die Schule, so dass sie sich die Briefe immer von ihren Freunden Annika und Tommy vorlesen lassen muss.

Niemand sagt ihr, wann sie zuhause sein oder ins Bett gehen muss. Niemand schickt sie zur Schule oder fordert von ihr gutes Benehmen ein. Niemand gibt ihr das Gefühl, dass sie ja doch nur ein kleines Mädchen ist, das sich danach richten muss, was andere ihr sagen. Pippi ist das „stärkste Mädchen der Welt“, das neugierig ist und alle Herausforderungen des Lebens ohne Angst annimmt. Sie hat das Herz am rechten Fleck und zeichnet sich durch ihr Mitgefühl und ihre Freigiebigkeit gegenüber ihren Mitmenschen aus. Zum Schrecken wird Pippi nur für Menschen, die ihr ihre Freiheit nehmen oder ihr schaden wollen, und für Menschen, die sich böse gegenüber ihren Mitmenschen verhalten.

Obwohl Pippi solch ein großes Herz hat, ist sie anfangs ziemlich angeeckt, denn man befürchtete einen negativer Einfluss auf die Kinder. Fünf deutsche Verlage lehnten das Buch ab, bevor der Hamburger Verleger Friedrich Oetinger es 1949 nach Deutschland holte. Dieses selbstbewusste, starke und unangepasste neunjährige Kind machte vielen Erwachsenen Angst. Die bibliothekarische Fachzeitschrift „Bücherei und Bildung“ kam zu dem Ergebnis, dass das Buch nicht für Kinder unter 14 Jahren geeignet sei, weil es die Grenzen von Fantasie und Wirklichkeit verwischen würde so „dass Kinder verwirrt werden müssen“.

Trotz aller anfänglicher Ablehnung, der Siegeszug von Pippi durch die ganze Welt war nicht aufzuhalten.

Auch für mich war Pippi eine Heldin meiner Kindheit. Es war eine der wenigen Sendungen, die ich als Kind im Fernsehen gesehen habe und ich erinnere mich daran, dass ich zu meiner Erstkommunion von meiner Tante ein großes Pippi Langstrumpf Buch – mit allen drei Einzelbänden – geschenkt bekam. Eigentlich war das Buch nur eine „Beigabe“ zu einem Geldgeschenk, aber neben meinem ersten „großen Fahrrad“ und den ersten Ohrringen, gehörte das Buch zu den Top 3 meiner Erstkommunionsgeschenke. Ich kann mich bis heute daran erinnern, wie glücklich ich war, als ich es ausgepackt habe.

Es gibt sicherlich viele Gründe, warum dieses Buch so erfolgreich geworden ist. Vermutlich können Psycholog*innen ganze Doktorarbeiten dazu schreiben. Die unerschrockene, freie und selbstbestimmte Pippi bietet für viele Menschen eine Sehnsuchts-Projektions-Fläche: ängstliche Kinder wären gerne so angstfrei wie Pippi, zurückhaltende Kinder wären gerne so selbstbewusst, von Erwachsenen „kleingemachte“ Kinder wären gerne so selbstbestimmt und Kinder, deren Alltag komplett durchgetaktet ist und die unter großem Leistungsdruck stehen, wären gerne so frei wie Pippi.

Die unangepasste, unerschrockene und starke Pippi, die frei und spontan ist, die sich das Leben so einrichtet, dass es ihr Freude macht und die auch dazu stehen kann, wenn sie mal traurig ist – auch für uns Erwachsene stellt diese Pippi durchaus eine Sehnsuchts-Projektions-Fläche dar. Wie oft fühlen wir uns unfrei in unserem Leben – gefangen in Strukturen und Erwartungen, die uns nicht glücklich machen? Wie oft bestimmen Ängste und Vorsicht unser Leben? Wie oft verhindern „vernünftige“ Kompromisse, dass wir Neues wagen? Wie oft bestimmen Sorgen und nicht Mut unser Leben? Würden wir uns nicht auch  manchmal wünschen, eine kleines bisschen mehr wie Pippi in unserem Leben zu sein?

In einer Zeit, als man noch unbeschwert und ohne Mundschutz in ein Restaurant gehen konnte, nahm ich dort eine kostenlose Karte mit. Auf dieser Karte stand: „Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin sicher, dass ich es schaffe! Pippi Langstrumpf“. Ich war von dieser Karte sofort fasziniert. Auch wenn dieser Satz vermutlich nicht wortwörtlich in einem der Bücher vorkommt, sondern nur eine Interpretation der Aussage von Pippi „Das haben wir noch nie probiert, also wird es sicher gut gehen.“ ist, so verliert er dadurch für mich nichts von seiner Faszination.

Viele Menschen finden sich vermutlich eher in der Rolle der zögerlichen und manchmal ängstlichen Annika wieder, die vor neuen Herausforderungen viel Respekt und manchmal auch ein wenig Angst hat. Statt „Das haben wir noch nie probiert, also wird es sicher gut gehen!“ stehen viele Menschen mit der Frage „Das haben wir noch nie probiert – ob es wohl gut gehen wird? vor neuen Situationen.
Ein Grund mehr, warum Pippi bis heute von so vielen Menschen geliebt wird. Sie lebt und schafft das, was uns oft schwer fällt und wonach wir uns sehnen.

Seit einigen Monaten stehen wir plötzlich vor einer völlig veränderten Situation in unserem Leben. Niemand weiß so genau, wie sich die Dinge weiterentwickeln und wie sich unser Leben verändern wird. Niemand von uns konnte das Leben in Corona-Zeiten vorher probieren – plötzlich war es da. Ich wünsche uns allen, dass wir mit einer „pippilichen“ Haltung durch diese Zeit gehen können: voller Vertrauen auf unsere eigenen Stärken und der positiven Erwartung, dass sicher alles gut gehen wird und wir das sicher schaffen werden! Denn wer darauf vertraut und sich in diesem Vertrauen von niemanden beirren lässt, der hat am Ende deutlich bessere Chancen seine Ziele auch zu erreichen, wie die folgende Geschichte von Wettlauf der Frösche zeigt:

In einer kleinen Stadt wurde ein Wettlauf der Frösche veranstaltet. Das Ziel der Teilnehmer war es, auf den höchsten Punkt des Kirchturms zu gelangen. Es versammelten sich viele Frösche, um zuzusehen und ihre Artgenossen anzufeuern.

Der Wettlauf begann. In Wirklichkeit glaubte jedoch keiner von den Zuschauern daran, dass auch nur ein Frosch auf die Spitze des Turmes gelangen könnte. Alles was man unter den Zuschauern hörte, waren Sätze wie: „Die Armen! Sie werden es nie schaffen!“

Und tatsächlich: die Frösche begannen einer nach dem anderen aufzugeben. Erschöpft glaubten Sie nicht an den Erfolg. Immer mehr Frösche gaben sich geschlagen. Schlussendlich hatten alle Frösche ihr Vorhaben abgebrochen, außer einem Dickschädel, der scheinbar nicht aufgab. Er kletterte weiterhin Zug um Zug zur Spitze des Turmes. Die Zuschauer fuhren fort zu sagen: „Der Spinner! Der wird es nie schaffen!“

Doch jener Frosch hatte alleine und unter großer Anstrengung schließlich die Spitze des Turmes erreicht. Ungläubig wollten die anderen von ihm wissen, wie er das geschafft hatte. Einer der Frösche näherte sich ihm, um zu fragen, was sein Geheimnis war, den Wettlauf zu gewinnen. Da merkten sie, dass er taub war!

Segenstext (von Fabian Vogt)

Gott berühre dich zärtlich, er streichle Deine Seele,
umhülle dich sanft mit seiner Liebe
und küsse die Hoffnung in dir wach.

Gott berühre dich kräftig, er ebne Deine Wege,
räume alle Hindernisse zur Seite
und schenke dir langen Atem.

Gott berühre dich herausfordernd,
er decke deine Lebenslügen auf,
konfrontiere dich mit deinen Ängsten
und offenbare deine Unfreiheiten.

Gott berühre dich wehmütig,
er helfe dir, Traurigkeiten zu ertragen,
Tränen ungehemmt fließen zu lassen
und alle Trennungen zu überwinden.

Gott berühre dich wild, er sprenge deine Grenzen,
lasse dich Träume wagen und Sehnsüchte leben.

Gott berühre dich ungeduldig,
damit du das Zögern aufgibst,
mutig den ersten Schritt gehst
und dich aus deiner Welt hinaustraust.

Gott berühre dich leise,
damit du die Stille ertragen lernst,
die Ruhe als Quelle entdeckst
und die Unruhe in dir besiegst.

Gott berühre dich groß,
damit du über dich hinauswächst,
deine Möglichkeiten entfaltest
und sein Reich in dir beginnt.

So segne dich
der Gott des gelingenden Lebens,
der Vater, der Sohn
und der Heilige Geist. Amen.

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