Wie kann man heute glauben?

In dieser Rubrik sollen Fragen des Glaubens behandelt werden. Es wird Artikel, Texte und Ansichtssachen zu bestimmten (theologischen) Themen geben, aber auch Verweise auf andere interessante Internetseiten oder YouTube-Beiträge.

Dabei geht es nicht darum, zu belehren, sondern Impulse und Anregungen zum Weiterdenken zu geben, von Erfahrungen zu reden, Ideen für ein gelebtes Christentum heute zu haben.

Anregungen werden gerne entgegengenommen unter:

klaus-dieter.gerth(at)alt-katholisch.de (bitte Spamschutz entfernen)

 

Gott und Corona

Zu einem Buch von Magnus Striet – Theologie im Zeichen der Corona-Pandemie. Ein Essay, erschienen 2021 im Grünewald-Verlag, 128 Seiten,  14 €

Wie können  Theolog*innen  im Zeichen des Corona-Virus von Gott reden, wie kann Kirche glaubwürdige Antworten geben auf religiöse Fragen der Menschen, die  angesichts einer weltweiten Pandemie gestellt werden?

Magnus Striet, Professor für Fundamentaltheologie und Philosophische Anthroplogie an der Theologischen Fakultät Freiburg i. Br , versucht in seinem Essay diesen Fragen nachzugehen und eine theologische Interpretation der Pandemie zu geben.

 Schon immer hat es in der Menschheitsgeschichte Seuchen  gegeben, Pest, Fleckfieber und Pocken haben zu massiven Populationsdezimierungen geführt, auch die spanische Grippe kann dazu gezählt werden.  Die theologische Interpretation früher war relativ simpel: „Weil sich letztlich alles, was in der Welt geschieht, in der damaligen Vorstellungswelt zurückbinden lassen muss an den Willen Gottes, blieb letztlich nur, auch im Seuchenausbruch ein Walten Gottes zu sehen. Da Gott aber als vollkommen gut geglaubt wurde, musste er Gründe haben, um Seuchen über den Menschen ausbrechen zu lassen. Es blieben nur Strafe und Umkehrpädagogik. Biblische Bezugsstellen gab es zur Genüge.“ (Striet, 52).

 Aber immer gab es auch Menschen, die sich mit einer solchen Theologie nicht zufrieden gaben. Einer von ihnen war Giovanni Boccaccio im 14. Jahrhundert. Für ihn war ein Gott, der die Menschen mit der Geißel der Pest straft, und sei es auch aus dem Grund, sie zur Umkehr zu bewegen, nicht zu akzeptieren, sondern zynisch und ethisch fragwürdig. Und so bleibt die Frage: Wie denkt  man Gott angesichts solcher Ereignisse?

Die Aussage von Papst Franziskus, die durch das Coronavirus ausgelöste Pandemie sei der „zornige Weckruf der Natur“, damit wir uns endlich um die Natur kümmerten, lässt uns auch die Frage nach der Theologie stellen, die dahintersteht. Sie macht einzig und allein den Menschen verantwortlich, aber die Frage, was Gott mit dem Ganzen zu tun hat, bleibt trotzdem offen.

So zeigt sich bei der theologischen Deutung des heutigen Virusgeschehens eine große Ratlosigkeit. Eine Antwort, wo und wie Gott dabei zu denken ist, fehlt. Wir bekennen ihn im Glaubensbekenntnis als Schöpfer des Himmels und der Erde. Somit muss er doch auch der Schöpfer von SARS-CoV-2 sein? Aber eine Antwort auf die Pandemie geben heute nicht die Theolog*innen, sondern die Wissenschaftler.

„Die Deutungshoheit über das, was eine Pandemie bedeutet, und welche Maßnahmen die Politik beschließen könne, um die medizinischen Gefahren einzudämmen, liegt bei anderen, den Virolog*innen“ (Striet 73) und den Volksökonom*innen, die analysieren, was für eine Gesellschaft gerade noch erträglich ist. Um das Seelenheil geht es in all diesen Abwägungen nicht.

Bereitwillig haben sich die Religionsgemeinschaften am Beginn der Pandemie dem staatlich verordneten Verbot von Veranstaltungen gebeugt, es sogar aktiv unterstützt, von Ausnahmen, die es immer gibt, abgesehen. Es ging um Vernunft und um Solidarität. Gott kam in den öffentlichen Debatten über die Pandemie jedenfalls nicht vor. Und die viellfältigen digitalen religiöse Angebote ersetzen nicht die Gottesfrage. Eine Theologie in der Pandemie, eine menschennahe und die Abgründigkeit des Lebens akzeptierende Theologie ist nach Striet gefragt. Wissenschaftsgläubigkeit allein reicht nicht aus.

Wie kann man also von Gott reden – nach oder in der Pandemie? Magnus Striet versucht in Kapitel IV seines Essays darauf eine Antwort zu geben und einen Gottesbegriff zu entwickeln, der an der absoluten Freiheit als Prinzip festhält. Er führt dabei die Einsicht Dietrich Bonhoeffers an, dass der Gott, auf den sich de Hoffnung und damit der Glaube der Menschen beziehen kann, „zugleich der Gott ist, der um der Freiheit der Menschen willen in Kauf nimmt, dass wir in der Welt ohne ihn auskommen müssen und er in die Zusammenhänge nicht handelnd eingreift. Dass müssten wir lernen, schreibt Bonhoeffer in der Gestapohaft: Vor Gott und mit Gott leben wir ohne Gott.“ (Striet 120).

Um den Kosmos und das Naturgeschehen zu verstehen, brauchen wir Gott nicht, deshalb ist die Welt aber nicht gottlos. „Diese Welt existiert theologisch ausgedeutet dann insofern in Gott, als er sie in ihren Gesetzmäßigkeiten erhält.“ (Striet 120) … „Warum gibt es dann Pandemien? Weil Gott eine Welt wollte und sich dazu bestimmt hat, nicht noch einmal in ihre Prozesse und sich entwickelnden Gesetzmäßigkeiten einzugreifen.“ (Striet 121)

Gott hat die Pest und andere Pandemien nicht verhindert, weil er darauf vertraut, dass der Mensch mit seinem Verstand diese Geißel der Menschheit in den Griff bekommt. Gott hat nicht nur die kosmologischen, sondern auch die aufbrechenden evolutionsbiologischen Prozesse ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten überlassen.  Und er selbst hat sich diesen biologischen Geschehen ausgesetzt.

 „Et incarnatus est“ ist der Kern des christlichen Bekenntnisses. Gott selbst hat Fleisch angenommen und sich in allem uns gleich gemacht, hat sich radikal mit seiner Schöpfung und seinem Ebenbild identifiziert.

Ob Gott manchmal der Zweifel überkommt, wenn er sieht, was er in Gang gesetzt hat und es gerade nicht alles gut, geschweige denn sehr gut ist? fragt Striet im Epilog (126). Hat Gott Emotionen?  Jesus war empathisch, und als Selbstoffenbarung Gottes ist anzunehmen, dass auch Gott empathisch ist und ihm manchmal schwindelig wird, wenn er sieht, was tagtäglich Menschen widerfährt.

Er ist immense Risiken mit seiner Schöpfung eingegangen ist und hat somit selbst die Zweifel an ihm geschürt. Es ist aber der Mensch selbst, der aufgerufen ist, das Leben weitest möglich zu schützen. Aber wer diesem Gott glaubst und vertraut darf darauf hoffen, dass nicht die Biologie über ihn und seine Sinnbedürfnisse das letzte Wort hat.

Striet beendet sein Essay mit einer Frage:  Wenn man diesen hochkomplexen biologischen Organismus Mensch betrachtet, der in einem eigentümlichen Verhältnis zu sich existiert und Freihalt entfalten kann, aber doch ständig davon bedroht ist, zersetzt zu werden, sollte dies nicht ein Fingerzweig dafür sein, dass ein Gott dies alles riskiert hat?

(Klaus-Dieter Gerth)

 

Was ist das eigentlich – Glaube?

von Klaus-Dieter Gerth

Im Neuen Testament finden wir im Brief an die Hebräer folgende Definition von Glaube:

„Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht.“ (Hebr 11,1, EU)

In der Lutherbibel heißt es ähnlich: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (ebd., LUT)

Der Verfasser des Hebräerbriefes, dessen Namen wir nicht kennen, möchte mit dieser Aussage grundlegende Wesenszüge des Glaubens herausstellen. …

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Religionskritik und Atheismus

von Martin Möllmann

Das biblische Gottesbild

Die Bibel setzt die Existenz Gottes einfach voraus. In den biblischen Texten wird oft von Gott wie von einer menschlichen Person gesprochen. Er kennt Liebe, Zorn und Mitgefühl mit den Rechtlosen, Armen und Bedrückten. Gleichzeitig verbietet die Bibel, sich ein Bildnis von Gott zu machen. Gott soll nicht bildhaft dargestellt werden, auch wenn von ihm bildlich gesprochen werden kann. Es geht nicht darum, wie Gott aussieht, auch nicht besonders darum, was er alles kann, sondern darum, wie er ist und für wen er da ist. …

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Der Artikel ist auch in der Juniausgabe von Christen heute veröffentlicht. Es ist gekürzter Artikel zum Thema „Religion, Religionskritik und Atheismus“. Diesen ausführlichen Artikel können Sie hier nachlesen

 

Katechismus für Zeitgenossen

Katechismen sind „out“ und nicht mehr zeitgemäß. Wie können wir trotzdem erfahren, was wichtig ist für unseren Glauben? Harald Klein, alt-katholischer Pfarrer im Ruhestand, versucht auf Youtube, verschiedene Fragen auf moderne Art den Menschen nahe zu bringen.

https://www.youtube.com

 

Spiritualität im Alltag

Wie passen Glaube und Alltag zusammen? Christoph Lezuo, evangelisch-lutherischer Pfarrer des Ökumenischen Zentrums Lengfeld möchte mit Menschen ins Gespräch kommen über das, was sie trägt.

https://glaubeund alltag.com/