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Beziehungen

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch. Nur noch kurze Zeit, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und weil auch ihr leben werdet. An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir, und ich bin in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

[ Joh 14,14-21]

Liebe Gemeinde, liebe Gäste,

Beziehungen sind oft kompliziert. Da wird aus Liebe manchmal Hass und umgekehrt, Freunde werden zu Gegnern und Gegnern zu Freunden. Die Frage nach dem Beziehungsstatus ist manchmal einfach schwierig und kompliziert.
Kompliziert hören sich die heutigen Beziehungen auch im Johannesevangelium an. „Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in Euch“. Und dann ist da auch noch vom Geist die Rede, den der Vater aufgrund Jesu Bitte uns geben wird und der uns erfüllen wird, so dass wir nicht als Waisen zurückbleiben, wenn Jesus zu Gott zurückgehen wird.

Im Grunde ist der heutige Abschnitt aus dem Johannesevangelium eine Lehrstunde in Sachen Dreifaltigkeit. Einfacher und in modernerer Sprache ausgedrückt würde man das Beziehungsgeflecht wohl folgendermaßen zusammenfassen können: Der Vater und ich sind eins und zu uns gehört noch der Heilige Geist, der bei Euch bleiben wird, damit ihr Euch nicht allein und von Gott verlassen fühlt. In ihm sind wir für Euch auch weiterhin erfahrbar.

Wie genau das Verhältnis von Vater, Sohn und Heiliger Geist ist, das war und ist in der Theologie Anlass für viele Diskussionen und Spekulationen. Selbst wenn man versteht, worum es bei der Lehre von der Dreifaltigkeit geht, so ist und bleiben die Details dennoch kompliziert – aber so ist das halt nun mal in Dreiecksbeziehungen.

Beziehungen sind oft kompliziert. In diesen Zeiten spüren wir aber, wie wichtig für uns Menschen gelebte und gelungene Beziehungen sind. Beziehungen, die uns durch schwierige Zeiten tragen, Beziehungen, auf die wir wirklich bauen können.

Manchmal erfahren wir erst in schwierigen Zeiten oder in Krisen, welche Beziehungen unseres Lebens tatsächlich solche Zeiten durchstehen, welche Menschen uns tatsächlich lieben und für uns da sind, und wer plötzlich weg ist, wenn es schwierig wird.

Vermutlich haben wir alle schon mal Lehrgeld bezahlen und große Enttäuschungen erleben müssen, weil Menschen, die uns zuvor ihre Liebe oder Freundschaft beteuert hatten, ihre Versprechen am Ende nicht eingehalten haben.

Wenn Menschen große Worte der Zuneigung machen, aber ihre Handlungen ihren Worten nicht entsprechen, dann fühlen wir uns von ihnen im Stich gelassen, ungeliebt und sind enttäuscht, weil wir schnell die Empfindung haben, dass wir für sie nicht wichtig sind. Das gilt für Erwachsene, und vielleicht noch intensiver für Kinder.

Ich erinnere mich an die Enttäuschung meines Cousins, wenn sein Papa ihn nach der Scheidung mal wieder nicht abgeholt hatte. Und an einen Jungen aus meinem Religionsunterricht, der seinen Vater über alles liebte, aber immer wieder die Erfahrung machen musste, dass er nicht besonders zuverlässig war, was seine Zusagen an den Jungen betraf.

Ich kannte die Familie recht gut und wusste, dass der Vater seinen Sohn wirklich liebte und dass er ihm auch sehr wichtig war. Er war halt ein wenig chaotisch und unorganisiert. Aber der Junge erlebte die Nichteinhaltung der Versprechen und die Absagen von Besuchsterminen als Zeichen dafür, dass er seinem Vater unwichtig sei und dieser ihn nicht lieben würde. Bei meinem Cousin war es ganz ähnlich – wie vermutlich bei vielen anderen Kindern auch.

Demjenigen, der nur leere Versprechungen macht, dem nimmt man schließlich nicht mehr ab, dass er es wirklich ernst meint, dem glaubt man nicht mehr, dass er einen gern hat. Bei Kindern ist das so, und bei Erwachsenen ist es sicherlich nicht viel anders.

Nur wenn sich Taten und Worten entsprechen, dann können wir dieser Liebe trauen, dann können wir auf diese Liebe bauen und werden uns von dem oder der anderen geliebt fühlen. 

Wenn der oder die andere Zeit für mich hat, aufmerksam ist, für das was ich brauche, mich in Arm nimmt, mir kleine Überraschungen bereitet oder Dinge tut, die mir Freude machen oder mich Zärtlichkeit spüren lässt, dann sind das alles Zeichen dafür, dass der oder die andere mich wirklich liebt.

„Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt!“ – scheinbar erwartet auch Jesus im heutigen Evangelium solche Zeichen der Liebe. Ich weiß nicht, wie es Euch und Ihnen mit dem heutigen Evangelium geht, aber es könnte schon ein ungutes Gefühl und die Frage zurücklassen: müssen wir uns Gottes Liebe jetzt doch verdienen? Werden wir von Gott nur geliebt werden, wenn wir unsere Liebe zu Christus durch das Einhalten der Gebote bewiesen haben? Müssen wir besonders brav sein, damit Gott uns liebt?

Liebe Gemeinde, liebe Gäste,

ich gehe mal davon aus, dass bei solchen Gedanken sich nicht nur bei mir die Nackenhaare sträuben. An vielen Stellen betont die Bibel, dass uns Gottes Liebe schon immer zuvor kommt, dass sie schon immer da ist – ohne unser eigenes Zutun, ohne unser „brav sein“ und ohne eigene Leistung.

Gott streckt seine liebende Hand nach uns aus, ohne irgendeine Vorbedingung. Wir müssen uns Gottes Liebe nicht verdienen! Und ich glaube, dass es darum auch im heutigen Evangelium nicht geht.

Im heutigen Evangelium geht es vielmehr um das, was auf Gottes Liebe zu uns folgt. Es geht sozusagen um unsere Antwort auf diese Liebe Gottes.

Es heißt nicht: Ich liebe Euch nur, wenn ihr meine Gebote haltet, sondern „wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“.

Wir Menschen brauchen ja nicht nur hin und wieder ein Zeichen der Liebe des oder der anderen, damit wir auf diese Liebe vertrauen und bauen können.

Wenn wir einen Menschen lieben, wenn uns ein Mensch wirklich etwas bedeutet, dann haben wir ja selbst auch das Bedürfnis, ihm dies zu zeigen und ihm etwas Gutes zu tun. Wenn wir einen Menschen lieben, dann bemühen wir uns darum, das, was ihm wichtig ist zu achten und es nicht mit Füßen zu treten.

Wenn ich einen Menschen wirklich gern habe oder gar liebe, dann wird das auch spürbar sein, dann hat das Konsequenzen und sichtbare Auswirkungen im ganz konkreten Leben und Handeln.

Das gilt im zwischenmenschlichen Bereich und das gilt auch für unsere Beziehung zu Gott. Wer nur davon redet Gott zu lieben, wer ihn nur „mein Herr und mein Gott“ nennt, aber in dessen Leben der Glaube ohne Konsequenzen bleibt, der sollte mal genauer hinschauen, ob und was Gott ihm wirklich bedeutet. Denn wahre Liebe zeigt sich auch in Taten – und nicht nur in frommen Worten! AMEN

MEDITATIONSTEXT

Ich weiß, dass es wichtig ist, dass du genau der Mensch bist, der du sein möchtest, und nicht der, den ich oder andere erwarten.
Es ist mir klar, dass ich nicht weiß, was für dich das Beste ist, obwohl ich vielleicht manchmal meine, es zu wissen.
Ich war noch nicht dort, wo du warst, und ich habe das Leben nicht aus deinem Blickwinkel gesehen. Ich habe nicht aus deinen Augen geblickt – wie könnte ich also wissen, was du benötigst?
Ich lasse dich durch die Welt gehen, ohne deine Handlungen zu beurteilen. Die Dinge, die du sagst oder tust, betrachte ich nicht als Fehler oder Irrtum.
Jenen, die einen anderen Weg wählen als ich, werde ich deswegen niemals die Liebe verweigern, die Gott mir geschenkt hat, damit ich sie der ganzen Schöpfung schenke.
In Demut beuge ich mich der Erkenntnis, dass das, was ich für mich als das Beste empfinde, nicht auch für dich das Richtige sein muss.
Ich weiß, dass du genauso geleitet wirst wie ich und dem inneren Drang folgst, der dich deinen Pfad erkennen lässt.
Ich liebe dich nicht nur dann, wenn du dich so verhältst, wie es meiner Vorstellung entspricht, und wenn du die gleichen Dinge glaubst wie ich.
Ich begreife, dass du mein Bruder oder Schwester bist, auch wenn du an einem anderen Ort geboren wurdest und an einen anderen Gott glaubst als ich.
Die Liebe, die ich fühle, gilt der ganzen Welt Gottes. Ich weiß, dass jedes lebende Ding ein Teil Gottes ist und tief im Herzen hege ich die Liebe für jeden Menschen, jedes Tier, jeden Baum und jede Blume, für jeden Vogel, jeden Fluss und jeden Ozean und alle Geschöpfe in der ganzen Welt.
Ich verbringe mein Leben im liebenden Dienst und bin dabei das beste Ich, das ich sein kann. Ich verstehe die Vollkommenheit göttlicher Wahrheit jeden Tag ein bisschen mehr und werde immer glücklicher in der Heiterkeit bedingungsloser Liebe.“

[Auszug aus: „Bedingungslose Liebe aus menschlicher Sicht“ von Sandy Stevenson]

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