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21.09.2021

22. bis 24. September 1871: Der Münchener Katholikenkongress

Vom 22. bis 24. September 1871 fand in München ein Katholikenkongress statt, an dem über 300 Personen teilnahmen.

Die Einladung zu dieser ersten alt-katholischen Großveranstaltung ging vom Münchener Organisationskomitee aus. Es hatte sich zur Aufgabe gemacht, zusammen mit den zur gleichen Zeit in Bonn und Heidelberg entstandenen Komitees, den überall in Deutschland entstandenen Protest gegen den Universalprimat und die Unfehlbarkeit des Papstes zu steuern und so zu einem gemeinsamen Vorgehen zu kommen. Dies war umso notwendiger, da unter den Katholiken, die diese Dogmen ablehnten, sehr unterschiedliche Vorstellungen existierten, wie die Zukunft der alt-katholischen Protestbewegung aussehen könnte.

Zunächst diskutierten die Delegierten ein aus sieben Punkten bestehendes Kongress-Programm, das inhaltlich wesentlich auf eine Vorlage Döllingers zurückging. Es wurde fast einstimmig angenommen und gehört zu den Basisdokument der alt-katholischen Bewegung. Auf den Kongressen der Folgejahre weiter spezifiziert, war es eine Art Richtschnur auf dem Weg von der Protestbewegung zur Kirchwerdung.

Im I. Artikel wurde betont, dass sich die Katholiken, die die Papstdogmen ablehnten, weiterhin als Katholiken betrachteten und am alten katholischen Glauben, so wie er in Schrift und Tradition bezeugt ist, festhalten wollten. Aufgrund dieser Glaubenstreue betrachteten sie deshalb auch die gegen sie verhängten Exkommunikationen als nicht gerechtfertigt.

Verworfen wurde im II. Artikel der Universalprimat des Papstes und damit jeder Versuch, die Bischöfe aus der unmittelbaren und selbständigen Leitung ihrer Ortskirchen zu verdrängen. Anerkennen konnten sie nur den historischen Primat, wie er von den Kirchenvätern und den Konzilien der alten und ungeteilten Kirche bezeugt ist.

Im III. Artikel wurde zunächst die Notwendigkeit kirchlicher Reformen betont. Hierbei sollte besonders die Teilnahme aller Kirchenmitglieder an kirchlichen Entscheidungen möglich gemacht werden.

Der zweite Teil dieses Artikels behandelte Fragen der Ökumene. Zunächst erklärten die Delegierten, dass der von Rom gegenüber der niederländischen Kirche von Utrecht immer wieder erhobene Häresievorwurf unbegründet sei und somit auch kein dogmatischer Gegensatz bestehe. Mit Blick auf mögliche Gespräche mit anderen Kirchen schlug der Kongress dann einen ökumenischen Dreischritt vor: Priorität habe der Dialog mit den Orthodoxen, erst danach sollte eine Verständigung mit den Protestanten und den Kirchen der Anglikanischen Gemeinschaft gesucht werden.

Weiterhin wurde eine universitäre wissenschaftliche Ausbildung des katholischen Klerus gefordert und die einseitig von den Bischöfen geleiteten und kontrollierten theologischen Ausbildungsstätten abgelehnt (IV. Artikel).

Die Delegierten sahen in den Dogmen auch eine Gefahr für den Fortbestand der bürgerlichen Freiheit und der Verfassungen der Länder und lehnten sie daher aus staatsbürgerlichen Gründen ab (V. Artikel).

Da die Protestkatholiken im Jesuitenorden einen Hauptschuldigen an der damaligen Situation der Kirche sahen, forderten sie im VI. Artikel ein Ende seiner Wirksamkeit. Nur so sei Friede und Eintracht in der Kirche und ein richtiges Verhältnis zwischen Staat und Kirche wieder möglich.

Und da sie sich weiterhin als Katholiken betrachteten, hielten sie auch ihre Ansprüche auf ihnen als Kirchenmitglieder zustehende kirchliche Güter aufrecht. (VII. Artikel).

Johann Friedrich von Schulte (1827-1914)

Der zweite wichtige Beschluss betraf die Einrichtung einer eigenen alt-katholischen Seelsorge. Friedrich von Schulte, einer der wichtigsten Laienvertreter der alt-katholischen Gründergeneration, hatte in einer sehr emotionalen Rede dafür geworben, an allen Orten, wo dies gewünscht würde, eine eigene regelmäßige Seelsorge einzurichten, um so weiterhin den Glauben als Katholiken leben zu können. Durch die über sie verhängte Exkommunikation waren die Protestkatholiken ja aus der Sakramentsgemeinschaft der römisch-katholischen Kirche ausgeschlossen worden. Außerdem machte er deutlich, dass sie berechtigt seien, eine eigene (alt-katholische) bischöfliche Jurisdiktion einzurichten, sobald der richtige Moment gekommen sei.

Johann Josef Ignaz von Döllinger (1799-1890)

Ignaz von Döllinger lehnte diesen Vorschlag vehement ab, weil er darin den Beginn eines Schismas sah. Nach seiner Ansicht sollten die Alt-Katholiken im passiven Protest verharren und nicht „Altar gegen Altar stellen“. Doch auch seine engsten Freunde und Weggefährten folgten ihm hier nicht, und mit nur wenigen Gegenstimmen nahmen die Delegierten von Schultes Antrag an. Damit war der Weg frei für den Aufbau einer eigenen kirchlichen Struktur, die in nur kurzer Zeit verwirklicht werden konnte.

Neben den Delegiertenversammlungen fanden an den Abenden auch öffentliche Veranstaltungen statt, die von vielen Interessenten besucht wurden. Damit sollten weitere Kreise für das alt-katholische Anliegen erreicht werden.

Günter Eßer (Bonn)

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