Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde unserer Gemeinde,

am Aschermittwoch beginnt die große Fastenzeit von vierzig Tagen. Gesellschaftlich dürfte diese Zeit wohl eher nur noch von ganz wenigen beherzigt werden. Wir aktive Christen könnten ja fast die Muslime um ihren Ramadan beneiden, denn im Vergleich zu ihnen sehe ich unsere Fastenzeit weit dahinter. Wenn es allein darum ginge, aufs Essen zu verzichten, dann fastet man wahrscheinlich besser und angenehmer, wenn es das ganze Umfeld tut.
Schaue ich mir allerdings die grundlegenden Textstellen aus der Heiligen Schrift an, die die christliche Fastenzeit begleiten, dann ist Weglassen von Nahrung und an-deren Genüssen eher Begleiterscheinung als Hauptzweck des Fastens. Jesus fastet 40 Tage allein auf sich gestellt in der Wüste. Er erfährt dabei die Konfrontation mit sich selbst. In der Antike, wo unser biblischer Text entstand, wurde die Konfrontation mit gegnerischen Stimmen in der Person des Teufels, des Satans (Übersetzung: der Gegner) ausgedrückt. In der Phase der Entbehrungen, des künstlichen Mangels, was ja nun einmal das Fasten bedeutet, kommen die verlockenden Stimmen mit vollkommenen Wunschvorstellungen daher. Bei Mt 4,1-11 ist es Nahrung im Überfluss, körperliche Unversehrtheit und unbegrenzte Macht über die Welt. Wahrscheinlich wäre es zusammengefasst das, was man der Fee antworten würde, die plötzlich, wie im Märchen, vor einem stünde und sagte: Du hast drei Wünsche frei.
Jesus schlägt das alles aus, in Bezugnahme auf seinen Glauben an Gott, der über all dem steht. Der Evangelist, der uns dieses Bild gezeichnet hat, möchte uns damit also vor den trügerischen Sicherheiten der Welt warnen und empfiehlt, lieber bei überweltlichen Dingen bei Gott allein zu bleiben.
Die nun beginnende Fastenzeit bietet uns nun allerdings die Möglichkeit, das auszutesten. Der Frage ganz persönlich und allein nachzugehen, was möchte ich eigentlich und was ist mir wichtig. Was gebe ich her, was behalte ich? Was befreit mich, was belastet mich?
Legt man das Bild von Jesus in der Wüste zugrunde, dann gibt es an diesem einsamen und öden Ort kein Entrinnen vor dieser Frage.
Die Sonntage in der Fastenzeit, die allerdings nicht dazugezählt werden, laden uns als Gemeinde ein, mit unseren Fragen und Antworten zusammenzukommen und uns gemeinschaftlich darüber zu beraten. Prüft alles, behaltet das Beste!, ist der Rat des Gemeindegründers, des Heiligen Paulus.
Fasten im christlichen Sinne bedeutet also sich zu erproben und auszuprobieren. Was nützt mir, was schadet mir? Die Sicherheit, mit der Jesus in der Bibel den Verlockungen des Gegners widerstehen kann, ist die Freude am Glauben. Er wagt immer schon, über den Tellerrand des Lebens hier auf der Erde hinauszugucken. Wahrscheinlich wird diese Fastenzeit, wenn wir sie ernst nahmen, eine echte Prüfung werden! Aber ich bin gewiss, dass wir mit der in der Taufe empfangenen Kraft des Heiligen Geistes alle schwierigen Prüfungen meistern werden.
Ich wünsche Euch und Ihnen eine interessante Zeit des Fastens und für danach, jetzt schon, frohe Ostern.
Ihr und Euer Pfarrer Meik Barwisch


Der komplette Gemeindebrief 2/23 (März – Mai 2023) kann hier heruntergeladen werden.

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