Pfarrgemeinde St. Theresia auf Nordstrand

Weihnachten 2021

Unsere Krippe 2021

 

Wort zur Weihnachtskrippe im Theresien-Dom auf Nordstrand

 

Die Gestaltung der diesjährigen Weihnachtskrippe ist wieder eine Gestaltung die provozieren und herausfordern möchte.
Sie wird nicht allen gefallen, aber das muss sie auch nicht.
Nicht alle werden sie schön finden, auch das muss sie nicht.
Manche werden sich aufregen, das dürfen sie auch.
Manche werden den Kopf schütteln, sollen sie doch.

Aber das Krippenteam hat versucht die Botschaft der Weihnacht in die Lebenswirklichkeit von uns Menschen heute zu übertragen.

Und das ist gelungen, wenn man die Weihnachtskrippe so sieht:

Wie kann ausgedrückt werden, dass Weihnachten ein Fest des Ungewohnten und der Unordnung ist?

Das Gott nicht im „Himmel oben“ ist, sondern auf der „Erde unten“?

Das Menschwerdung nicht etwas für abgezirkelte Zeiten und Zonen ist, sondern das Gott MITTEN DRIN ist in Zeit und Leben?

In unserer Zeit und unserem Leben?

Ein Versuch, das sichtbar zu machen, ist unsere diesjährige Krippengestaltung hier in St. Theresia.

Das Jesus-Kind ist nicht auf Stroh gelegt, sondern auf einen Stapel verschiedener Zeitungen.
Die Titelseiten und Schlagzeilen verschiedener Zeitungen gehen vom Sternenhimmel bis zum Ausgang der Kirche oder vom Eingang der Kirche bis zum Sternenhimmel in der Apsis.

Je nachdem aus welcher Sichtweise man sieht, betrachtet.

Unsere Krippengestaltung hier, provoziert uns auch am Weihnachtsfest mit den Schlagzeilen unserer Zeit.

Das Jesus-Kind ist zu entdecken, zu finden in den Geschichten von Politikern und Kriminellen.

In den Geschichten von Flüchtlingen und Gewalttätigen.

In den Geschichten von an den Pranger Gestellten und Gesetzeshütern.

In den Geschichten der gerade Geborenen und der gerade Verstorbenen.

In den Geschichten der Schrillen und der Unscheinbaren.

In den Geschichten von Opfern sexuellen Missbrauchs in der Kirche und deren Amtsträger als Täter und Täterinnen.

In den Geschichten von Querdenkern, die Freiheit anders definieren als die meisten Menschen in unserem Land.

In den Geschichten die in der Corona-Pandemie durch Menschen gestaltet werden.

Wenn wir in unserer Zeit, in unsere Geschichte den Mensch Gewordenen nicht aufspüren, uns von ihm anschauen und finden lassen – wo und wann wollen, wo und wann können wir es dann?

Heute will er dir geboren werden, im Augenblick.

Wir finden ihn nicht mehr im Stroh der Vergangenheit, sondern in den Geschichten, den Schlaglichtern und –zeilen der Gegenwart, denn er ist uns gegenwärtig.

Jede und jeder muss schon genau hinschauen, um ihn wahrzunehmen in dieser Fülle von Schlagzeilen und Geschichten.
Den Geschichten dieser Zeit, den Geschichten des eigenen Lebens.
Die Schlagzeilen, der Stapel Zeitungen erscheinen mächtiger als das Jesus-Kind.
Es geht fast unter.

Zeit und Geschichte können verschlingen, sie können aber auch, mittendrin, das Heil sichtbar werden lassen, die Mitte von allem.

Weihnachten ist, wenn uns dieser Neugeborene aus jeder Zeile der Zeitung entgegenblickt, wenn uns jeder Klageschrei eines Leiden sein Schrei ist, wenn wir jede Schlagzeile unserer Zeit zu ihm bringen.

Was gestern und vorgestern war, füllt die Geschichtsbücher.

Die Zeitung von gestern ist Altpapier.

Das Heute und Jetzt ist bedeutsam.

Das „Kleid Christi“ ist die Gegenwart.

Sind die Themen, die heute die Zeitung füllen.

Sind die Fragen, die du heute hast.

Sind die Ängste, die dir heute die Kehle zuschnüren.

Als Christinnen und Christen hüten wir nicht das Vergangene,

denn wir sind keine Museumswächter und Altpapierhändler.

Unsere Gegenwart rückt ihm auf die Haut, erscheint im „Gewand“ unserer Zeit.

An ihm haftet die Signatur unserer Geschichte.

Was wir hier an Weihnachten feiern, ist keine Huldigung des Vergangenen!

Jesus liegt nämlich nicht mehr in der Krippe.

Er liegt überall da, wo Menschen heute Hilfe brauchen.

Er hängt nicht mehr am Kreuz, sondern überall da, wo Menschen heute zwischen den Seilen hängen.

(Text: Nach Pfr. Bernd Mönkebüscher)

 

Fotos: Sabine Knappe-Gröger & Hans-Herbert Kahl

 

Bilder: Pfarrer Jens Schmidt