Predigtgedanken zum 4. Sonntag in der Osterzeit

In jener Zeit offenbarte Jesus sich den Jüngern noch einmal. Es war am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise. Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus – Zwilling -, Natanael aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen. Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot. Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt. Da ging Simon Petrus und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du. Denn sie wussten, dass es der Herr war. Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war. (Joh 21,1-14)

Liebe Gemeindemitglieder und Gäste,

sollte jemand die Geschichte mit dem Fischfang irgendwie anders in Erinnerung haben, so muss dies nicht an der eigenen Vergesslichkeit oder an eigener Unwissenheit liegen.

Denn die Geschichte, die der Evangelist Johannes hier als Begegnung mit dem auferstandenen Christus erzählt, finden wir bei Lukas in Verbindung mit der Berufung der ersten Jünger durch Jesus. Im Lukasevangelium lassen die Jünger nach dem üppigen Fischfang alles stehen und liegen und folgen Jesus nach, um von da an „Menschen zu fangen“ – wie es im Lukasevangelium heißt. Johannes erzählt die gleiche Geschichte vom üppigen Fischfang in einem ganzen anderen Zusammenhang, aber vermutlich dürfte die Zielrichtung die gleiche sein.

Im Lukasevangelium erkennen die Jünger durch diesen üppigen Fischfang, wer dieser Jesus ist und sind bereit ihm zu folgen. Auch im Johannesevangelium erkennen die Jünger durch den üppigen Fischfang, mit wem sie es zu tun haben – hier ist es allerdings der am Kreuz gestorbenen und auferstandenen Christus. Durch diese Begegnung des Auferstandenen mit den Jüngern – die uns der Evangelist Johannes beschreibt – sollen nicht nur die Jünger in ihrem Glauben an die Auferstehung gestärkt werden, sondern auch wir, die wir diese Geschichten hören und lesen – über all die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg. Und letztlich soll die Überzeugung, dass Jesus auferstanden und lebendig ist, auch dazu führen, dass die Jünger ihrem Weg der Jesusnachfolge treu bleiben. Sie sollen auch weiterhin Jesu Botschaft in die Welt tragen und Menschen davon zu überzeugen versuchen. Das gilt auch für uns, die wir uns heute – als Christen und Christinnen – zur Nachfolge Jesu bekennen.

Auch wenn Lukas und Johannes die Erzählung vom Fischfang also in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen erzählen, so geht es doch bei beiden Evangelisten um die Erkenntnis Jesu durch die Jünger, und um die Frage der Nachfolge Jesu – die auch über seinen Tod hinaus. Dies ist ein eher funktionaler Blick auf das heutige Evangelium und auf die Intention des Evangelisten.

Doch die Geschichte selbst – die Erfahrung der Jünger – birgt für uns auch noch ganz andere Erkenntnisse und Berührungspunkte mit unserem eigenen Leben und unseren eigenen Erfahrungen.

Die Jünger sind mitten in der Nacht unterwegs. Sie mühen sich ab, sie tun was sie können, sie sorgen sich um die Versorgung ihrer Familien. Sie werfen ihre Netze aus – verbunden mit großer Hoffnung und noch größerer Enttäuschung – und sie erreichen nichts! All ihr Tun, all ihre Arbeit, all ihr Mühen ist vergeblich. So oft sie ihre Netze in dieser Nach auch auswerfen, sie fangen nichts, rein gar nichts!

Und solche „Nächte“ kenne wir vermutlich alle in unserem Leben. Man bemüht sich, man setzt sich mit allen Kräften ein, man plagt sich ab und dennoch bleibt der erhoffte Erfolg aus. Egal wie man sich abstrampelt – in Schule, Beruf, in Familien, Gemeinde, in Vereinen oder bei sonstigen Aufgaben – manchmal macht man einfach die Erfahrung, dass man trotz allem Engagements einfach nicht geschafft hat, was man erreichen wollte. Wir alle hatten in unserem Leben vermutlich schon mehrmals das Gefühl, unser Lebens-Netz eingeholt zu haben, ohne, dass auch nur ein Fisch darin hängen geblieben wäre.

Solche Erfahrungen kann man im übertragenen Sinne als „Dunkelheiten“ oder „Nächte“ unseres Lebens bezeichnen, in denen Verzweiflung, Angst, Trauer, Misserfolg, Hoffnungslosigkeit, oder Perspektivlosigkeit nicht selten die Oberhand gewinnen. In solchen Nächten des Lebens stellt man sich manches Mal auch die Frage, ob Dunkelheit und Nacht denn nie vorübergehen werden.

Die frohe Botschaft des heutigen Evangeliums lautet: Doch das tun sie! So wie die Nacht der Jünger im Boot vorübergegangen ist, so werden auch die Nächte unseres Lebens vorübergehen, auch wenn wir dies kaum glauben können, wenn wir inmitten einer solchen Nachterfahrung gefangen sind.

Die Jünger im Boot haben die Durststrecke ausgehalten und durchgehalten. Trotz der Erfahrung von Enttäuschung und Misserfolg sind sie nicht blind geworden für das, was um sie herum geschieht. Trotz Enttäuschung und Misserfolg sind sie nochmals auf den See hinausgefahren – haben nicht aufgegeben, haben sich nochmals abgemüht und es noch einmal versucht. Trotz Enttäuschung und Misserfolg hatten sie offene Augen und Ohren, um Gottes Nähe und seine Hilfe wahrnehmen zu können.

Diese Geschichte vom Fischfang hat für mich drei große Botschaften:

  1. Der Glaube an die Auferstehung Jesus, die der Evangelist Johannes uns durch diese Erzählung weitergeben möchte. Und damit verbunden auch die große Hoffnung auf Auferstehung für uns alle.
  2. Die Hoffnung, dass jede Nacht des Lebens einmal vorüber geht und der helle Morgen anbricht. Auch wenn es manchmal schwer ist, daran zu glauben, auch wenn ich nicht weiß, wann es soweit sein wird und ob meine Nächte noch Stunden, Tage, vielleicht sogar Wochen oder Monate dauern werden – aber ich darf darauf vertrauen: Gott steht an meiner Seite und das Licht wird meine Dunkelheiten eines Tages wieder erhellen und alle vergebliche Mühe kommt an ihr Ende.
  3. Es lohnt sich durchzuhalten! Das heutige Evangelium macht deutlich, dass es sich lohnt weiterzumachen, egal wie schwierig es ist – dass es sich lohnt, nicht aufzugeben, egal wie gering die Erfolgsaussichten auch sein mögen – dass es sich lohnt einen langen Atem zu haben, weil wir nur dann das Ziel auch erreichen werden.

Und genau diese Botschaft, die braucht es gerade jetzt – in dieser Zeit, die so schwierig ist und in der so viele Menschen Dunkelheit erleben.

Es ist gut, dass uns das heutige Evangelium daran erinnert, dass wir als Christen an ein Leben glauben, dass selbst der Tod nicht endgültig auslöschen kann.

Es ist gut, dass uns das heutige Evangelium an unsere Hoffnung erinnert, dass auch die Dunkelheit dieser Krisenzeit einmal ein Ende haben wird – auch wenn wir nicht wissen, wann das sein wird – und dass das Licht neuer Gemeinschaft dann wieder aufscheinen wird in unserer Mitte.

Es ist gut, dass uns das heutige Evangelium daran erinnert, dass es sich lohnt, all die mühevollen Anstrengungen durchzuhalten – auch wenn der schnelle Erfolg ausbleibt und wir uns viel vollere Netze zum jetzigen Zeitpunkt erhofft hätten. Aber die Botschaft des Evangeliums lautet: am Ende führt das Durchhalten, das Nicht-Aufgeben, das Immer-Weiter-Machen doch zum erhofften Ziel.

Gott möge uns allen den Mut und die Kraft schenken, die wir brauchen, um nicht aufzugeben und unseren Weg weiterzugehen – Schritt für Schritt, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat – bis das helle Licht des anbrechenden Tages die Dunkelheit dieser Zeit endgültig vertreiben wird.

AMEN.

Meditationstext

Komm, mach Dich noch mal auf den Weg,
auf dem Du schon so oft gestolpert bist,
den Du nicht bezwingen konntest –
trotz aller Anstrengungen.
Komm, mach dich noch mal auf den Weg –
denn vielleicht erreichst Du heute Dein Ziel.

Komm, mach Dich noch mal an die Aufgabe,
an der Du schon so oft gescheitert bist,
die Du nicht lösen konntest –
trotz aller Versuche.
Komm, mach Dich noch mal an die Aufgabe –
denn vielleicht wirst Du heute Erfolg haben.

Komm, brich noch mal auf aus der Dunkelheit,
die Dich im Leben immer wieder umfängt,
aus der Du Dich nicht befreien konntest –
trotz aller Bemühungen.
Komm, brich noch mal auf aus der Dunkelheit,
denn vielleicht kannst Du sie heute hinter Dir lassen.

Komm, öffne Deine Augen und suche das Licht,
das Dir so oft verborgen blieb,
das Du nicht wahrnehmen konntest –
trotz aller Sehnsucht.
Komm, öffne Deine Augen und suche das Licht –
denn vielleicht kannst Du es heute sehen.

Komm, öffne Dein Herz für das Leben,
das manchmal auch schwierig ist,
das nicht allein in unserer Hand liegt–
trotz all unseres Tuns.
Komm, öffne Dein Herz für das Leben –
denn Gott schenkt es Dir – auch heute!

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