Gemeinden Mannheim - Ludwigshafen - Heßloch

Was würde Jesus heute tun?

In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben. Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden. Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthaus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn später verraten hat. Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.

(Mt 9,36-10,8)

Liebe Gemeindemitglieder, liebe Gäste,

„Was würde Jesus tun“? – eine Frage, die Euch/ Ihnen bestimmt auch schon einmal begegnet ist. Und es ist ja durchaus auch berechtigt, wenn wir als Christen danach fragen, was Jesus wohl in dieser oder jener Situation getan hätte.

Im heutigen Evangelium heißt es, dass Jesus seine Jünger zu sich rief und ihnen die Vollmacht gab, unreine Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. Interessant ist dabei, dass es in dem Vers, der dem heutigen Evangeliums Abschnitt unmittelbar voran geht, und der in unserer Leseordnung unter den Tisch fällt, heißt: Jesus zog durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und Leiden.

Die Vollmacht, die Jesus seinen Jüngern gibt, ist also keine andere als die, dass auch die Jünger das tun, was Jesus tut. Das ist der Auftrag, den sie von Jesus bekommen. Und darum ist es durchaus sinnvoll, sich auch heute immer wieder einmal die Frage zu stellen, „Was würde Jesus heute tun?“ Wie würde er in dieser oder jener Situation reagieren und handeln?
Denn wir alle sind in der Taufe bei unserem Namen gerufen worden und haben in der Taufe auch den Auftrag erhalten, im Sinne Jesu zu Handeln und sein Tun weiterzuführen. So wie Petrus, Andreas, Jakobus, Johannes, Philippus, Bartholomäus, Thomas, Matthäus, Jakobus, Thaddäus, Simon und Judas.

Sie sind hier alle mit Namen aufgezählt. Denn der Auftrag Jesu ist immer ein ganz persönlicher. Jeder und jede von uns muss für sich selbst entscheiden, ob er oder sie diesen Auftrag Jesu annimmt. Auch wenn man rein organisatorisch sagt, dass durch die Taufe ein Mensch Christ wird, so stellt sich die Frage, ob man theologisch nicht erst von einem Christen sprechen kann, wenn ein Mensch diesen Auftrag Jesu wirklich angenommen hat und zumindest versucht, ihn in seinem Leben auch umzusetzen. Wie das im Leben jedes und jeder Einzelnen aussehen wird – ich glaube dafür gibt es keine Gebrauchsanweisung. Dieser Auftrag Jesu – an seinem Tun teilzuhaben und sein Werk in unserer Welt heute weiterzuführen – wird je nach unserer persönlichen Lebenssituation, unseren Fähigkeiten und den Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, ganz anders aussehen.

Und darum sind wir auch ganz persönlich gerufen – mit unserem Namen. Wir müssen unseren eigenen Weg finden, Jesu Auftrag zu erfüllen. Das kann uns niemand abnehmen!
Und um diesen Weg zu finden, ist es durchaus sinnvoll, sich selbst die Frage zu stellen: „Was würde Jesus tun?“

Und doch gibt es mit genau dieser Frage „Was Jesus heute tun würde“ aus meiner Sicht auch zwei große Schwierigkeiten.

Die eine ist uns allen klar: Wir können immer nur erahnen, was Jesus in dieser oder jener Situation getan hätte. Denn viele Fragen und Herausforderungen – vor denen wir heute stehen – gab es damals zurzeit Jesu einfach nicht. Deshalb wäre es eine Illusion zu glauben, aus der Bibel für alle heutigen Fragen direkte Handlungsanweisungen ableiten zu können. Wir können nur versuchen aus dem Tun Jesu auf das richtige Handeln im hier und heute zu schließen. Dabei spielt aber immer unsere eigene Interpretation eine große Rolle – das sollten wir nie vergessen. Ganz davon abgesehen, dass wir das Handeln Jesu ja auch nur über die Interpretation der Evangelisten kennen und noch nicht einmal da ganz sicher sein können, was vom vermeintlichen Handeln Jesu wirklich historisch ist.

Die zweite Schwierigkeit mit der Frage „Was würde Jesus tun?“ – zeigt sich wieder einmal in einem Leserbrief der neuen Kirchenzeitung. Denn die Frage wird in Diskussionen zwar oft als Frage gestellt, aber eigentlich als Bestätigung der eigenen Meinung verstanden.
Diese Frage wird oft nur dazu benutzt, dem anderen zu sagen: Deine Einstellung und Dein Handeln sind nicht christlich –  im Gegensatz zur eigenen Einstellung und zum eigenen Handeln, die natürlich mit dem Handeln Jesu übereinstimmen!
Die Frage, was Jesus tun würde, ist in Diskussionen eben meist keine offene Frage oder ein Ringen darum, was gut und richtig ist, sondern wird nur als Aufhänger benutzt, um die eigene Interpretation von dem, was man für richtig hält, durch Jesus legitimieren zu lassen.
Je älter ich werde, desto mehr regt es mich auf. Denn es ist ein Missbrauch von Religion, um die eigenen Überzeugungen durchzusetzen. Und es ist auch eine Abwertung meines Gegenübers, wenn ich ihm oder ihr unterstelle, dass meine Überzeugung dem Willen Jesu entspricht, und ihre abweichende Meinung dann natürlich nur unchristlich sein kann.

Liebe Gemeindemitglieder, liebe Gäste,

die Frage „Was würde Jesus heute tun?“ ist durchaus wichtig für uns als Christen. Sie ist wichtig, damit wir herausfinden können, wie wir den Auftrag Jesu – den wir alle in der Taufe erhalten haben – in unserem ganz persönlichen Leben umsetzen können. Vielleicht sollten wir die Frage aber eher in der Variante stellen: „Was würde Jesus in meiner Situation tun?“ Denn dann bin ich eher davor geschützt zu meinen, eine allgemeinverbindliche Antwort für alle zu kennen und diese den anderen aufstülpen zu wollen. Außerdem macht die Frage in dieser Variante deutlich: Nachfolge ist immer ein ganz persönliches Geschehen: ICH bin bei MEINEM Namen gerufen und ICH muss auch eine ganz persönliche Antwort auf diesen Ruf geben.

Natürlich können wir auch als Gemeinde und Gemeinschaft die Frage stellen. „Was würde Jesus heute tun?“ – aber dann muss es auch eine offene Frage sein. Dann muss es bei der Frage auch darum gehen, miteinander um eine Antwort zu ringen und offen zu sein, für die Antworten, die sich im Gespräch miteinander ergeben.

Wir alle haben den Auftrag an Jesu Tun mitzuwirken und die Hoffnung, auf das Reich Gottes in dieser Welt lebendig zu halten. Wir sollen heilend miteinander umgehen, das Leben und die Lebendigkeit fördern und anderen helfen frei zu werden, von dem, was sie umtreibt und niederdrückt.

Es liegt an uns, dafür den richtigen Weg zu finden. Gott traut uns das zu.
Vermutlich werden wir aber bei allem ehrlichen Ringen um die Frage, was Jesus heute tun würde, niemals eine Antwort finden, derer wir zu 100 Prozent sicher sein können, denn Jesus war zu seiner Zeit immer für eine Überraschung gut – das ist mal sicher!

Meditation: Ein Hoffnungslied

Unsere Hoffnung muss Phantasie bekommen,
die diese kranke Welt neue entwerfen kann,
die das ausmalen, ausdenken, ausdeuten, ausbreiten kann,
von dem wir jetzt nur träumen können:
den neuen Himmel und die neue Erde.

Unsere Hoffnung muss Hände bekommen,
die Hand anlegen an dieser kranken Welt,
heilende Hände anlegen,
welche die Tränen abtrocknen
und sich nicht abfinden
mit der Un-er-löst-heit dieser kranken Welt.

Unsere Hoffnung muss Füße bekommen,
die sich wund laufen für das Heil der Welt,
denen kein Weg zu weit und zu schwer ist,
zu den Menschen zu gehen,
die den Weg Jesu Christi weiter-gehen,
die Gott hier auf Erden in Gang bringen.

Unsere Hoffnung muss Worte bekommen,
welche die Menschen verstehen,
ein rechtes Wort zur rechten Zeit,
Worte, die Trauer tragen,
Worte die trösten,
Worte, die Freude schenken.

Gott hat damit seinen Anfang gemacht,
in seinem Sohn geliebten Sohn Jesus von Nazareth,
in ihm hat die Hoffnung der Menschen,
die Hoffnung dieser kranken Welt
Hand und Fuß bekommen,
und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Gott hat damit den Anfang gemacht,
wir müssen weitermachen.

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