Gemeinden Mannheim - Ludwigshafen - Hessloch

Schlüssel zum Himmel

Liebe Gemeindemitglieder, liebe Gäste!

Es ist kaum zu übersehen – langsam, aber sicher kommt das Leben in unserem Land wieder in Gang. Schon seit einigen Tagen ist die Stadt wieder voller Menschen. Auch wer mit dem Auto unterwegs ist, spürt, dass sich die Verhältnisse normalisieren. Man braucht wieder deutlich länger, um durch die Stadt zu kommen und auch für die Parkplatzsuche sollte man nun wieder viel Zeit und noch bessere Nerven mitbringen.
Was manche Menschen mit etwas Sorge und Bedenken beobachten, das ist für andere geradezu ein Stück Paradies. Endlich wieder raus aus der Wohnung, shoppen gehen, zum Friseur oder zur Kosmetikerin und gemütlich mit einer Freundin oder einem Freund einen leckeren Cappuccino, ein gutes Abendessen, ein frisch gezapftes Bier oder einen leckeren Cocktail im Restaurant oder Biergarten genießen. Das ist doch einfach himmlisch, oder?!

Ist Euch/ Ihnen schon mal aufgefallen, wie häufig die Begriffe „Himmel“ und „himmlisch“ von der Werbung aufgegriffen wurden und werden.

Theoretisch könnten wir jeden Tag als „himmlischen“ Tag verbringen. Das fängt am frühen Morgen an: mit dem Duschen in einem Bad, das von einem „Spezialisten für himmlisch schöne Bäder“ gestaltet wurde und dem Haarewaschen mit Schauma „Himmlisch Lang“ (zumindest für diejenigen mit entsprechender Haarpracht). Danach gibt es erst mal eine gute Tasse Filterkaffee „Der Himmlische“ von Mövenpick, dazu ein himmlisches Croissant, das man mit Philadelphia Frischkäse „Gemeinsam himmlisch genießen“ kann. Wer dagegen einen „himmlisch-frischen Start in den Tag“ möchte, der sollte Philadelphia mit Milka genießen! Damit all die vielen himmlischen Dinge auch ja nicht übersehen werden, sollten sich alle, deren Sehkraft etwas eingeschränkt ist, eine „Himmlisch schöne Brille“ besorgen, wie Binder Optik sie verspricht. Wer bei der Arbeit oder am Nachmittag Lust auf etwas Süßes bekommt, der kann zwischen Kägi Mäx, einem „himmlisch leichten“ Schokoriegel mit „höllisch viel Schokolade“, oder einem Stück Yogurette wählen, von dem die Werbung verspricht: „so schmeckt himmlisch!“ Alle, für die die „Bayrische Küche – einfach himmlisch!“ ist, können zum Abendessen Rezepte aus dem Kochbuch nachkochen oder auch einfach nach Feierabend ein schönes, kaltes Bier genießen, mit Engelbräu, welches – wie man sich schon denken kann – „so himmlisch wie sein Name“ ist. In Coronazeiten sollte man überlegen, ob man dazu in das Café „Himmlisch“ geht oder den Abend doch lieber im eigenen Zuhause genießt, das mit Ajax nicht nur „himmlisch frisch“ duftet, sondern auch „himmlisch glänzt“. Nach solch einem himmlischen Tag kann man dann natürlich auf einem Zirbenholzkissen „himmlisch träumen“ und sich in die „himmlisch“ weich gespülte Decke mummeln – Lenor sei Dank!

Soweit mal eine kleine Auswahl aus der Werbung. Wenn man suchen würde, fände man sicherlich noch viel mehr. Doch für mich ist das schon mehr als genug. „Himmel“ und „himmlisch“ werden in der Werbung ganz eng mit Konsum verknüpft. Die Werbung vermittelt: gönne Dir was, lass es Dir gut gehen, konsumiere und genieße… dann erfährst Du den Himmel auf Erden.

Liebe Gemeindemitglieder, liebe Gäste,

wer mich kennt, weiß, dass ich kein Feind des Genießens bin – und ich bin weit entfernt davon Konsumlosigkeit zu predigen und zu leben. Ich freue mich über einige Puzzles die ich mir in dieser Coronazeit gegen den „Lagerkoller“ geleistet habe oder über das neue Handy im letzten Jahr. Und ich freue mich schon sehr darauf, irgendwann wieder einen Urlaub am Ostseestrand verbringen zu können.

Allerdings frage ich mich – und das nicht erst seit der Coronakrise – wohin das „immer mehr“ konsumieren und das Ideal eines ständigen Wirtschaftswachstums in unserer Gesellschaft noch führen soll. Unsere Erde zeigt uns doch längst die Grenzen auf. Dass ungefähr 20 Prozent der Kleidung in Deutschland höchstens zweimal getragen wird, bevor sie im Abfall landet, ist für mich das Symptom einer übersteigerten Konsumhaltung. Ob Corona da längerfristig etwas daran ändern wird? Viele Menschen haben in diesen Wochen erlebt und reflektiert, was im Leben wirklich wichtig ist und dass Konsum nicht alles ist.

Und doch wird schon wieder darüber diskutiert, wie man die Menschen dazu animieren kann, mehr zu kaufen. Einerseits verständlich – geht es doch um Arbeitsplätze und Existenzen. Andererseits bleibt für mich die Frage, wohin dieser immerwährende Konsumrausch am Ende führen soll.

Macht das die Menschen in unserem Land von Herzen glücklich? Ist der Himmel auf Erden wirklich durch den Konsum scheinbar „himmlischer“ Produkte erfahrbar?

Aus meiner Sicht nicht. Natürlich dürfen wir die Dinge dieser Welt genießen und uns auch über Konsumgüter freuen. Doch die folgende Geschichte „Die drei Schlüssel zum Himmel“ macht meiner Meinung nach deutlich, dass wirklich himmlische Erfahrungen nicht durch persönlichen Konsum, sondern vielmehr dort möglich werden, wo wir im Einklang mit Gottes Schöpfung leben und aus Liebe zu dieser Schöpfung handeln. Denn dort ist Gottes Liebe und Nähe für uns erfahrbar, dort sind die Tore des Himmels weit geöffnet!

Es lebte einmal ein großer, reicher König zu einer Zeit, in der noch alle Menschen den hohen Berg kannten, auf dessen Gipfel die Tore des Himmels gebaut sind. Bei all seinem Reichtum sehnte sich der König danach, auch die Schlüssel zu den Toren des Himmels zu besitzen; aber keiner konnte sie ihm bringen.

Eines Tages sagte ihm ein weiser Mann: „Alle Schätze der Erde kann man geschenkt bekommen, aber die Schlüssel zum Himmel muss jeder selbst suchen.“

Da stieg der König selber auf den steilen Berg bis vor die Tore des Himmels und sagte dem Engel, dem Hüter vor Gottes ewigem Garten: „Ich finde keine Ruhe, bis ich nicht die Schlüssel zum Himmel besitze.“  Der Engel lächelte und antwortete: „Auf der Erde blühen viele Tausend Himmelsschlüssel, die von Menschen zertreten werden. Wenn du die richtigen drei findest, die nur zu deinen Füßen und für dich aufblühen, kannst du die Tore des Himmels aufschließen.“

Viele Jahre suchte der König und zertrat keinen Himmelsschlüssel, doch nie blühte eine dieser Blumen vor seinen Füßen auf. Eines Tages bettelte ihn ein schmutziges Mädchen an, das weder Vater noch Mutter hatte. Das Hofgesinde wollte das verwahrloste Kind zur Seite drängen, aber der König setzte es zu sich aufs Pferd. In seinem Schloss ließ er es speisen und kleiden und pflegen. Da blühte zu seinen Füßen ein kleiner, goldener Himmelsschlüssel auf. Und der König ließ die Armen und Kinder in seinem Reich zu seinen Brüdern und Schwestern erklären.

Wieder vergingen Jahre. Da erblickte der König auf einem Ritt durch den Wald einen sehr kranken Wolf. Die Höflinge wollten ihn verenden lassen, er aber trug ihn in seinen Palast und pflegte ihn selbst gesund. Und der Wolf wich nie mehr von seiner Seite. Da blühte ein zweiter goldener Himmelsschlüssel zu seinen Füßen auf. Der König aber ließ von nun alle Tiere in seinem Reich zu Brüdern und Schwestern erklären.

Wieder vergingen einige Jahre. Da spazierte der König in seinem herrlichen Garten mit den seltensten Blumen. Und er erblickte am Wegrand eine kleine unscheinbare Pflanze, die nahe daran war zu verdursten. „Ich will ihr Wasser bringen“, sagte der König. Doch der Gärtner wollte ihn hindern: „Es ist Unkraut; ich will es ausreißen und verbrennen; es passt nicht in diesen königlichen Garten!“ – Der König aber holte Wasser, und die Pflanze begann wieder zu atmen und zu leben. Nun blühte der dritte Himmelsschlüssel zu des Königs Füßen auf, und das Bettelmädchen und der Wolf standen dabei. Der König aber sah auf dem steilen Berge die Tore des Himmels weit, weit geöffnet.

Auch heute blühen diese drei Himmelsschlüssel noch, und sie leuchten heller und schöner als alle Edelsteine und Blumen der Welt

„Himmel“ ist der Inbegriff menschlicher Hoffnung und der Inbegriff eines „erfüllten Lebens“.

Ein anderes biblisches Wort für „Himmel“ ist „Schalom“. „Schalom“ bedeutet Frieden und meint einen umfassenden Frieden, den Gott uns schenkt, und der viel mehr ausdrückt als nur das Fehlen von Krieg.

Segensgebet:

Ich wünsche Dir Frieden, Schalom.

Schalom im Zusammenleben
und Zusammenarbeiten
in einer Umgebung,
in der jeder Mensch geachtet wird,
in einer Gesellschaft,
in der es gerecht zu geht;
im behutsamen Umgang
mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen;
in einer guten Sorge
um Leib, Geist und Seele;
in einer lebendigen Beziehung
zu Deiner Lebensgeschichte,
zu Deinen Möglichkeiten und Grenzen.

Ich wünsche Dir Schalom
im Kleinen und im Großen,
in der Ruhe und in der Bewegung.

Deine Sehnsucht nach Schalom
möge nicht Wunschtraum bleiben,
sondern Zusage und Geschenk werden,
sie möge immer wieder in Dir Wurzeln schlagen
und Deinen Alltag froh machen.

Mögest Du – und alle, die Du im Herzen trägst –
im Schalom Gottes geborgen bleiben.
Heute und alle Tage Deines Lebens.

Amen.

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