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Das dickste Bankkonto

Liebe Gemeindemitglieder und Gäste,

immer wieder einmal wird in diesen Zeiten in Talk-Shows die Frage gestellt, ob mit der Coronakrise auch ein Paradigmenwechsel in unserem Land stattfindet. Es geht dabei um die Frage, welchen Stellenwert in Zukunft der Konsum haben wird. Eng damit verknüpft ist natürlich die Frage nach dem Stellenwert von finanziellem Reichtum und einem dicken Bankkonto.

Noch scheint nicht wirklich klar zu sein, ob die Coronakrise dauerhaft etwas in der Einstellung der Bürger unseres Landes geändert hat. Die Beobachtungen und Meinungen gehen da weit auseinander. Vielleicht ist unser Land auch in dieser Frage gespalten, wie es in vielen anderen Bereichen der Fall ist.

Einerseits konnte man auch schon vor Corona beobachten, dass Geld und ein möglichst hoher Verdienst nicht mehr alles zu sein scheinen. Personalchefs bemerken schon lange, dass neben der Frage des Gehalts, auch die Frage nach Arbeitszeiten und einer möglichst guten „Work-Life-Balance“ inzwischen bei Bewerbern und Bewerberinnen eine große Rolle spielen.

Und diese Erkenntnis, dass nicht allein das Geld wichtig ist, sondern unter anderem auch Zeit für Familie und Hobbys, dürfte in der Coronakrise noch gewachsen sein.

Für die Wirtschaft wäre ein solcher Paradigmenwechsel eine kleine Katastrophe. Die Diskussion über Kaufgutscheine von Seiten des Staates, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, macht deutlich, wie sehr unser ganzes System auf Konsum ausgerichtet ist.

Doch noch ist nicht wirklich klar, ob sich daran auf Dauer und in großem Stil etwas ändern wird. Denn neben diesen Beobachtungen gibt es auch die anderen. So fand sich im Videotext der Hinweis, dass es an der deutsch-niederländischen Grenze kilometerlange Staus gab, weil unzählige Menschen den Feiertag Fronleichnam nutzen wollten, um in den Niederlanden shoppen zu gehen.

Ob und wie sich die Einstellungen zu Geld und Konsum in unserem Land weiterentwickeln, und welche Werte in den nächsten Jahren und Jahrzehnten an Bedeutung gewinnen werden, das ist momentan noch nicht sicher vorhersagbar. Denn es wird davon abhängen, was uns – auch jedem und jeder einzelnen von uns – auf Dauer wichtig sein wird, was wir als Bereicherung unseres Lebens erfahren werden.

Im Internet habe ich die Erzählung einer Frau gefunden, deren Erfahrungen und Sicht auf die Dinge mich sehr bewegt haben. Diese möchte ich auch Euch und Ihnen zum Nachdenken mit auf den Weg geben.

Das dickste Bankkonto

Eine Diskussion am schön gerichteten Frühstückstisch – fein gedeckt mit allem, was wir so brauchen. Frisches Brot, Tomate, Gurke, Kräuter, etwas frische Ananas und Frühstücksei vom Bio-Eierbauern nebenan. Heiß dampfender, fein duftender Kaffee und frisches Wasser im Steine-Krug.

Ein Gefühl – wir leben wie die Könige und wir haben alles ausreichend, was wir täglich benötigen. Reichtum fühlt sich für mich wesentlich anders an, als für das was viele vielleicht unter Reichtum verstehen mögen. Wir fahren keinen neuen, dicken Wagen, wir tragen keinen teuren Schmuck. Wir wohnen in einer schönen Mietwohnung im zweiten Stock mit Blick auf die Berge – da wo andere zum Urlaub machen hinkommen. Wir machen auch keine Flugreisen – wir haben die schönsten Seen Oberbayerns in unmittelbarer Nähe unserer Haustüre. Morgens schwimmen wir im Schliersee – abends öfters mal im Tegernsee. Seen mit Trinkwasserqualität! Oft schon haben wir uns beim Schwimmen satt getrunken – absichtlich! Der Ausblick von den Bergspitzen ins Tal lässt uns fühlen wie die Riesen – groß, weit und unendlich….

Und mir wird bewusst: Reines klares Trinkwasser – ein Reichtum, den viele Menschen auf dieser Erde noch niemals hatten. Wir schwimmen im wahrsten Sinne des Wortes in diesem Reichtum.

Dann die Aussage meines Mannes bezüglich meiner Arbeit – zurzeit bin ich wieder viel gebucht in den Schulen im Landkreis. Ich arbeite mit autistischen Kindern – als Integrationsassistenz, nebenbei arbeite ich in meiner Ein-Frau-Agentur im Reha-Management-Bereich. Menschen, die ganz andere Probleme haben als die meisten Gesunden unter uns. Hier geht und ging es oftmals erst nur um das nackte Überleben – und jetzt um einen oftmals langwierigen, manches Mal steinigen Weg zurück ins Leben. Coaching in einem Bereich, in dem man es erst mal nicht vermuten würde. Coaching zurück ins Leben.

Mein Mann meinte, meine Arbeit mit den Kindern sei viel zu schlecht bezahlt. Auch wenn ich für andere offensichtlich „nur“ neben meinem Schüler sitze und mit ihm dem Unterricht folge – so tue ich doch viel, viel mehr als das: Ich gebe „meinem Kind“ einen Rahmen, Sicherheit, Hilfestellung, aber auch Grenzen.

Grenzen – die das Kind selbst steckt. Und je mehr es sich sicher in diesen Grenzen bewegt, um so breiter werden sie. Bis hin zu dem Tag, an dem ich nicht mehr gebraucht werde und „mein Kind“ alleine im Schulalltag bestehen kann.

Hört sich erst mal unspektakulär an – ist es aber nicht. Wer mehrfach mit autistischen Menschen Kontakt hatte, weiß, dass es nicht immer einfach ist. Vieles spielt sich zwischen uns auf einer ganz anderen Ebene wie der rationalen Verstandes-Ebene ab. Intuition und Einfühlungsvermögen braucht es, um sich auch nur halbwegs in die Gefühlswelt eines autistischen Kindes einzufühlen. Und ganz schafft man es nie.

Und ja – es stimmt auch: Je weniger eine Arbeit direkt mit dem Menschen als Individuum zu tun hat, umso besser ist sie dotiert. Ein Banker verdient nun mal wesentlich besser als die Krankenschwester im Nachtdienst. Und die, die im Vorstand, im Management oder gar in der virtuellen Welt zuhause sind, das sind die höchst dotierten Jobs.

ABER: Wenn am Ende des Lebens ganz andere Werte zählen, wie die erreichte Summe auf dem Bankkonto – dann kommt meine Bilanz. Mag ich vielleicht nicht in der tollen Villa wohnen, mit dem Maybach in der Garage. Mag ich vielleicht nicht in den Einkaufsmetropolen dieser Welt beim Shoppen gewesen sein – Mailand – Paris – New York. Und schon gar nicht habe ich mich am Strand von Mauritius gegrillt und mir den Kaviar mit Champagner hinunter gespült. Und bei Gott – bin ich froh, dass ich dieses Leben nicht leben muss.

Meine Bilanz hat eine vollkommen andere Währung: Auf meinem Bankkonto hat sich ganz viel Liebe angehäuft.

Die Liebe meines kranken und mittlerweile verstorbenen Sohnes, die Liebe meiner Tochter und meines Mannes. Das Lächeln vieler Kinder in den Schulen, denen ich mit den Rollstühlen in die Klassen hoch geholfen habe. Ein lautes „Hallo“ von den Kindern, wenn ich auf dem Gang der Schule unterwegs war. Umarmungen von den Kindern, die es nie gelernt hatten, zu sprechen.

Und dann: Gratifikationen in Worten von „Tini – King of Schulbegleiter“ oder aber „Für Dich kuck ich, ob ich den mittleren Schulabschluss auch noch bestehen kann“.

Ein immenses Glücks- und Dankbarkeitsgefühl fließt durch mich hindurch, bei solchen Worten. Und wenn es irgendwann mal so weit sein sollte – im Angesicht des Todes – wird mir mein Reichtum noch deutlicher vor Augen liegen, als er es jetzt schon tut:

Die Liebe und Freude, die mir „meine Kinder“ geschenkt haben und mit dessen Menge sie mein Bankkonto so dick gefüllt haben, so dass es gar kein Ende nimmt. Die Ernte meines Lebens.

Ich kann von mir behaupten, dass ich dann doch das dickste Bankkonto habe, das man sich wünschen kann.

SEGEN:

Mögest Du Deinen Reichtum spüren,
in den vielfältigen Nahrungsmitteln Deines Kühlschranks,
in dem sauberen Wasser aus der Leitung,
in dem Dach, das Du über dem Kopf hast.

Mögest Du Deinen Reichtum spüren,
in dem Frieden, in dem Du leben darfst,
in der Gesundheitsversorgung deiner Stadt,
in der Rechtstaatlichkeit dieses Landes.

Mögest Du Deinen Reichtum spüren,
in den Unternehmungen, die Dir Freude machen,
in den Hobbys, die Dir wichtig sind,
in den Möglichkeiten, die Dir geschenkt sind.

Mögest Du Deinen Reichtum spüren,
in den Fähigkeiten, die Du verwirklichen kannst,
in den Talenten, die Du entwickeln darfst,
in der Hilfe, die Dir durch andere zuteilwird.

Mögest Du Deinen Reichtum spüren,
in den Beziehungen, die Dich tragen,
in den sozialen Werten, die Dir Orientierung schenken,
in Deinen Lebenswurzeln, die Dir Halt geben.

Mögest Du Deinen Reichtum spüren,
in den Menschen, die Dich lieben,
in den Augen, die Dich anstrahlen,
in den Menschen, die Du lieben darfst.

Mögest Du Deinen Reichtum spüren,
in dem Segen, den Gott über Dich ausgießt,
in der Botschaft Jesu, die auch Dir gilt,
in der Lebendigkeit des Geistes, die Dich beleben will.

Und so mögest Du in Deinem reichen Leben gesegnet sein:
im Namen des Vaters,
und des Sohnes,
und des Heiligen Geistes.
AMEN

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