Sehr geehrte Vorbereitungsgruppe des Herdenbriefs!

Zuerst einmal vielen Dank für diesen Briefentwurf, der mir in vielem aus dem Herzen spricht. Diese Inhalte hätte ich eigentlich von dem neuen Glaubensbuch unserer Kirche erwartet. Ich habe einige Anmerkungen bzw. Anregungen zum Herdenbrief:

1.Zum Namen unserer Kirche

Ob Neueingetretene wie ich (2021) oder seit der Taufe dabei, mit dem Namen unserer Kirche haben alle ihre Not. „Alt“ hat in modernen Ohren den Klang von veraltet oder altmodisch. Ich wurde selbst von interessierten Bekannten gefragt, ob ich jetzt die Messe wieder auf Latein halten müsse. Oft höre ich als Argument, diese Widerständigkeit führe zu Fragen und eröffne die Möglichkeit, das Selbstverständnis unserer Kirche zu erklären. Eigenartigerweise scheint das aber bei römisch-katholisch oder evangelisch nicht nötig zu sein.

Inzwischen komme ich gelegentlich in unserem bayrischen Dekanat zur Aushilfe umher. An einigen Kirchen steht groß geschrieben: Reformkatholiken. Irgendwie befriedigt auch das nicht recht. Unser Pfarrer berichtet, dass die Frage nach dem Namen alle 10 Jahre erneut auf die Tagesordnung der Synode kommt. Da es immer beim Alten bleibt, scheint es tatsächlich keine bessere Alternative zu geben.

Damit sind wir schon bei meinem Vorschlag, der offenbar gar nicht so neu ist, da es schon einmal entsprechende Aufkleber gab: alt als Abkürzung für alternativ. Geschrieben etwa: alt.-katholisch. Erwidert wurde mir, dass das Adjektiv alternativ durch die AfD verbrannt sei. Diese Angst teile ich allerdings nicht.

2.Zur Frage „Woher kommen wir?

“Es sind sehr schöne historische Herleitungen im Briefentwurf. Mir scheinen aber die Französische Revolution überbetont und ihre Gewaltexzesse zu nebensächlich behandelt. Ich denke, dass unser „Kirchenvater“ Döllinger damit nichts hätte anfangen können.Aufklärung ja, aber auch die Romantik mit der Empfindsamkeit und dem antifranzösischen (gegen Napoleon) Affekt.

Verwundert bin ich, dass gerade einer badischen Vorbereitungsgruppe das christkatholische Erbe eines Ignaz Heinrich von Wessenberg durch die Lappen gehen konnte. Auf dem Wiener Kongress hatte dieser sich in Dalbergs Auftrag um die Herstellung einer deutsch-katholischen Nationalkirche unter einem deutschen Primas bemüht. Er reformierte die Liturgie und förderte die Verwendung der Volkssprache, dabei verwendete er schon das Attribut christkatholisch. Er galt als Gegner des Pflichtzölibats.

Auch der Febronianimsus der Alten Reichskirche mit der Reduzierung des Papsttums auf einen Ehrenprimat stellt eine Wurzel alt-katholischen Erbguts dar: Oberste Instanz kirchlicher Gesetzgebung und Jurisdiktion ist das allgemeine Konzil. Es bedarf weder der Berufung noch der Bestätigung durch den Papst. Die Bischöfe sind die eigentlichen Träger der kirchlichen Gewalt. Der Papst hat weder gesamtkirchliche Jurisdiktionsgewalt noch das Recht auf Ernennung der Bischöfe.

Man sieht: alle Gedanken des Ursprungs unseres kirchlichen Selbstverständnisse waren schon vorher da. Hinzukommen mussten nur noch die Emanzipationsbewegungen des 20. und 21. Jahrhunderts: Gleichberechtigung der Frau und Ablehnung der Diskriminierung von Homosexuellen.

Bei der heutigen online-Gesamtpastoralkonferenz erhob sich großes Schweigen bei der Frage des Bischofs nach Anmerkungen zu ihrem Herdenbrief. Ich gebe zu, auch von mir. Daher wollte ich Ihnen wenigstens auf diesem Weg meine Gedanken dazu mitteilen.Mit herzlichem

Gruß

Anselm Bilgri

Zu den anderen vier Stellungnahmen:

… und den Herdenbrief.

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