Antwort der bayerischen Dekanatspastoralkonferenz auf den Herdenbrief zur Vorbereitung auf die 64. Synode
Im Rahmen der Dekanatspastoralkonferenz Bayern am 25. April 2024 haben sich hauptamtliche und ehrenamtliche Geistliche des Dekanats über den kurz zuvor veröffentlichten Herdenbrief zur Vorbereitung auf die 64. Synode und die Debatte um das Selbstverständnis unserer Kirche ausgetauscht und beschlossen, eine Rückmeldung an das Erstellungsteam sowie die Synodalvertretung zu verfassen. Diese wurde innerhalb des Bayerischen Dekanats diskutiert und noch einmal modifiziert. Bei unserer Antwort orientieren wir uns an den vier Leitfragen dieses Herdenbriefes, wie sie dort auf Seite 3 gestellt sind:
1.
Wir sehen und anerkennen die Vorarbeit und den Zeitaufwand, den Vertreter:innen von Südwest-Gemeinden in den jetzt vorliegenden Herdenbrief investiert haben. Durch dieses Engagement liegt jetzt eine Arbeitsgrundlage vor. Dennoch halten wir den Herdenbrief in seiner jetzigen Form für eine unausgewogene und ergänzungsbedürftige Textfassung, um das Selbstverständnis unserer Kirche zu beschreiben. Die vorliegende Form des Textes bewerten wir als noch zu undifferenziert und lückenhaft, um mit seiner Hilfe eine Diskussion über das komplexe Phänomen des Altkatholizismus zu führen.
2.
Wir halten es für einseitig und tendenziös, den Altkatholizismus fast ausschließlich auf Aufklärung und Französische Revolution zurückzuführen. Die fast durchweg positive Benennung und Einführung der Französischen Revolution im Herdenbrief irritiert uns; sie wird der vielschichtigen Bewertung der historischen Vorgänge und den christlichen Opfern revolutionärer Gewaltexzesse nicht gerecht. Ebenso befremden uns die pauschale Beschreibung der Aufklärung und die ebenso pauschale Parallelisierung bzw. Verknüpfung von Werten des Christentums und der Französischen Revolution. Die biblische Rückbindung der Werte „Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit“ fehlt komplett im Herdenbrief. Der klassisch „Theologische oder göttliche Tugenden“ genannte Dreierschritt „Glaube, Liebe, Hoffnung“ des Paulus ist urkirchlich und zwingend zu ergänzen und auszuführen. Weitere Werte können den Kardinaltugenden entnommen werden, unabhängig von der variierenden Zahl.
3.
Wir vermissen als Quelle unseres Glaubens den Verweis auf unseren Gottesglauben, der im Glauben an den Gott des Volkes Israels wurzelt und für uns eine prägende sowie identitätsstiftende Ausformung im Leben, Wirken, Sterben und Auferweckt-werden des Juden Jesu von Nazaret erhält. Die äußerst knappen Verweise auf die biblischen und altkirchlichen Quellen des Altkatholizismus werden diesen beiden Hauptquellen aus unserer Sicht in keiner Weise gerecht und sind im Herdenbrief zu
dürftig geraten. Ebenso vermissen wir Verweise auf weitere katholische Reformansätze, auf die ökumenische Ausrichtung des Altkatholizismus seit Beginn der Kirchwerdung, auf die in der deutschen alt-katholischen Kirche vorhandenen Traditionen aus anderen alt-katholischen Kirchen, z.B. aus den Niederlanden, sowie die unterschiedlichen Kirchengeschichten und die theologische Spannweite der Utrechter Kirchenfamilie.
4.
Der Herdenbrief fragt gleich schon nach Zusätzen zum Namen „alt-katholisch“. Doch müsste das nicht ein zweiter Schritt nach der Verständigung auf der Synode über unser Selbstverständnis sein? Wir halten eine Debatte zu unserem Selbstverständnis als Kirche für dringend notwendig und daher auch für sinnvoll. Damit diese gemeinsame Diskussion allerdings gelingen kann, bedarf es einer fundierten Grundlage, worüber wir eigentlich diskutieren. Diese liegt aus unserer Sicht durch den Herdenbrief in seiner jetzigen Form noch nicht vor.

Hier finden Sie die vier anderen Stellungnahmen:

… und den Herdenbrief

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