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Beitrag von Christian Flügel für den evangelischen Gemeindebrief zum Thema Ökumene
„Ökumene und (klein)kirchliche Eigenständigkeit – passt das zusammen?“, so könnte eine berechtigte Frage an Alt-KatholikInnen lauten. Im kommenden Jahr wird die alt-katholische Kirche in Deutschland ihr 150- jähriges Bestehen feiern. Beim letzten Jubiläum 1998 anlässlich der 125- Jahr-Feier betonte der damalige Bischof Joachim Vobbe 1998: „Unser Bistum ist und bleibt eigentlich ungewollt. Kein ernstzunehmender Christ kann ja zusätzliche Spaltungen in der Christenheit wollen.“ Das bedeutet: viele KatholikInnen konnten das Dogma des Ersten vatikanischen Konzils 1870/71 aus Gewissensgründen nicht annehmen, dass der Papst in Glaubensfragen unfehlbar sei und die oberste Rechtsprechung über die ganze Kirche habe. Sie wurden aus der römischen Kirche exkommuniziert und schlossen sich zu eigenen Gemeinden zusammen, deutschlandweit trafen sie sich auf den „Alt-Katholikenkongressen“ (heuer findet der 44. Kongress in Bonn statt); 1873 wurde Josef Hubert Reinkens zum Bischof für jene KatholikInnen geweiht, die das Unfehlbarkeitsdogma ablehnten (durch einen Bischof der niederländischen katholischen „Kirche von Utrecht“, die seit 1723 unabhängig vom Papst ist). Der preußische Staat, dann Baden, Hessen und Bayern erkannten das neue „alt-katholische Bistum“ an.
„Katholisch“ meint ursprünglich keine konfessionelle Abgrenzung, sondern bedeutet im Griechischen eine Kirche, die sich auf das Ganze, auf die Einheit bezieht. Alt-KatholikInnen orientieren sich an der „Alten Kirche“ (daher der Name), d.h. vor dem „morgenländischen Schisma“ in Ost- und Westkirche 1054, deren Einheit wieder angestrebt wird. 1874 und 1875 lud Ignaz von Döllinger, ein führender Kirchenhistoriker der frühen alt-katholischen Bewegung, in diesem Sinne zu „Unionskonferenzen“ nach Bonn ein. Hieran nahmen VertreterInnen der orthodoxen, der lutherischen, reformierten und anglikanischen Kirchen teil. In Bonn ist auch der Sitz des Bischofs, an der dortigen Universität existiert der Lehrstuhl für „Alt-Katholische und Ökumenische Theologie“. 1889 schlossen sich die alt-katholischen Kirchen in Europa zur „Utrechter Union“ zusammen, 1931 führte das ökumenische Engagement zur vollen Kirchengemeinschaft mit den anglikanischen Kirchen („Bonn-Agreement“). Alt-katholische Bischöfe sind z.B. stimmberechtigte Mitglieder der Lambeth-Konferenz, der Vollversammlung der BischöfInnen der Anglikanischen Gemeinschaft, die alle 10 Jahre zusammenkommt, zuletzt in diesem Juli in Canterbury. Das Bonn-Agreement gilt als Modell für Kirchengemeinschaften unter Wahrung der jeweils eigenen liturgischen und kirchengeschichtlichen Identität. In Deutschland führte der Dialog mit den evangelischen Kirchen 1985 zur „Vereinbarung über die gegenseitige Einladung zur Eucharistie-Feier (Abendmahl)“. In jüngster Zeit besteht zu einer protestantischen Kirche sogar eine volle Kirchengemeinschaft: seit 2016 sind die Utrechter Union und die Evangelisch-lutherischen Kirche Schwedens in voller sakramentaler und Amtsgemeinschaft liiert.
Aus dem skizzierten Selbstverständnis heraus ist die alt-katholische Kirche Mitglied im Weltkirchenrat und Mitbegründerin des Ökumenischen Rates der Kirchen. Ökumene lebt von unten und beschränkt sich nicht auf offizielle Verlautbarungen. Ich selbst habe als Jugendlicher im „baj“ (Bund alt-katholischer Jugend) Reisen in anglikanische Partnergemeinden genossen und Freundschaften geknüpft, Auch vor Ort bedeutet Ökumene „reale Begegnungen“. Die Düsseldorfer alt-katholische Gemeinde hat 2007 von der evangelischen Gemeinde die Clarenbach-Kapelle gekauft – unsere heutige „Thomas-Kirche“. Ökumene wird lebendig, wenn wir zusammen Gottesdienste feiern (z.B. traditionell am Gründonnerstag) oder gemeinsam im Chor singen. Die Grenzen von Ökumene liegen m.E. weniger in theologischen Fragen, sondern sind organisatorisch: Alt-katholische Gemeinden sind Diasporagemeinden, d.h. die meisten Mitglieder wohnen nicht im Umfeld der Kirche, sondern leben oft in den Nachbarstädten, gemeindeübergreifende Veranstaltungen „vor Ort“ sind daher relativ selten. Dennoch findet Ökumene statt, in unserer säkularen Welt oft außerhalb von „Kirche“: etwa am Wohnort, in der Familie oder am Arbeitsplatz.
Das Jahrbuch ist zusammengestellt und redigiert und wird wohl sicher wieder vor dem neuen Liturgischen Jahr in den Gemeinden eintreffen.
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